Mir geht es soweit gut. Heute war wieder so ein Beispiel, dass mich im Moment viele für die neue Mama meines Neffen halten und es nervt, ich soll mich mit meinem Schwager streiten, damit Oma und andere Tante zu ihrem Recht kommen. Mein Neffe hat am Sonntag Konfirmation, ich kannte das so von früher, Montag danach ist dann Schulfrei. Das gibt es anscheinend schon lange nicht mehr. Jede Schule regelt das jetzt selbst, seit der Termin der Konfirmation und Kommunion nicht mehr einheitlich in Deutschland ist. Also mein Neffe bekommt nur frei, wenn mein Schwager einen Urlaubsantrag stellt, wofür es schon zu spät ist. So die Information aus dem Sekreteriat, naja dumm gelaufen, geht er eben zur Schule. Jetzt ruft meine Mutter an, dass ich bitte dafür sorgen soll, dass mein Neffe zuhause bleiben kann, weil ihm der Klassenlehrer gesagt hat, dass man nur eine normale Entschuldigung braucht. Mein Schwager und ich haben aber gestern schon darüber diskutiert und er als Vater und Erziehungsberechtigter hat entschieden, dass er zur Schule geht, ich bin da mit ihm einer Meinung, zumal Mein Neffe durch seine ADS, eh schon Förderschüler ist und das Nachholen von Unterrichtsstoff, nie einfach ist. Meine Mutter und immer schon heissgeliebte Oma meines Neffen, passt das nicht und meine Einwände, dass ich nicht die Mutter bin und das nur der Vater zu entscheiden hat, wurde mit Auflegen quittiert....ich bin also wieder das ********* der Familie und mein armer Neffe der Leidtragende....
Mein Mann und ich sind zu der Erkenntnis gelangt, dass das mittlere Kind ( ich bin die Mittlere und mein Mann auch) immer der Arsch der Nation ist...
Das war jetzt nur ein Beispiel, womit ich mich rumschlage.
Trauer? Was ist trauern? Ich hab bisher keine Zeit gehabt meine Schwester zu betrauern, ich hab erstmal die Beerdigung geregelt, meinen Neffen aufgenommen in der Zeit nach ihrem Tod und da es kurz vor Weihnachten war und alles so bleiben sollte, wie mein Neffe es immer kannte, haben wir das komplette Weihnachtsfest geregelt, inklusive Weihnachtsgeschenke für alle kaufen, weil alle anderen waren ja mit Trauern beschäftigt. Meine Mutter isst nix mehr und heult dauernd, meine große Schwester schaut seither tief ins Glas und haut sich mit Tabletten zu, mein Vater ist seither leicht aggressiv unterwegs und tyrannisiert alle in seiner Umgebung.
Anfang Januar dann der Schock, mein Mann hat einen Tumor im noch verbliebenen Hüftknochen.., die Sorge dann auch noch. Jetzt war der Gott sei dank Gutartig, allerdings hat er seit der OP starke Schmerzen und wir denken er verliert das zweite Hüftgelenk auch noch. Den gebuchten Urlaub mussten wir canceln, zum Glück haben wir unsere 3500€ von der Versicherung wiederbekommen.
Über Ostern waren wir in Berlin, ich bekomme ein Foto von den ja jetzt allein gereisten Schwager und Schwägerin von unserem Stammhotel, mit einem fantastischen Ausblick auf Bangkok und den Chao Praya, da hatte ich mitten in Köpenick einen Heulkrampf..., jetzt geht es mir also langsam an die Substanz.
Ich liebe meine Familie, ich bin der absolute Familienmensch, ich will mir nicht ausmalen, wie der Schmerz ist, wenn man sein Kind verliert, ich kann das nie nie nie nachvollziehen aber ich hab meine kleine Schwester verloren, die auch gleichzeitig meine beste Freundin war. Ich hab als letzte mit ihr gesprochen, bevor sie ins Koma versetzt wurde, sie hatte unglaubliche Angst davor, ich hab ihr Mut gemacht und noch gelacht, sie soll sich keine Sorgen machen und mal richtig ausschlafen, wir sehen uns in ein paar Tagen wieder....4 Tage später haben alle Organe versagt... Was ich eigentlich sagen wollte, mein Schmerz ist meiner Familie irgendwie egal. Ich war schon immer rationell und eher der Macher und Organisator, ich lenke mich gerne ab, wenn ich Sorgen habe, damit ich nicht denken muss, das hat mir des Öfteren Bezeichnungen, wie Gefühlskalt eingebracht, weil ich ungern vor anderen außer vor meinem Mann, tiefe Gefühle zulasse. Ich bin nicht gerne angreifbar und als schwach mag ich auch nicht dastehen. Nur langsam wird es kritisch, da mir zum zweiten Mal im Leben auffällt, das nicht alles kontrollierbar ist. Ich hab Angst, das ich wie 2002 wieder in meine Panikschübe verfalle und ich mich wieder für Monate selbst einweisen muss, damit ich da wieder rauskomme. Und irgendwie ist meiner Familie das alles egal, mit sich selbst beschäftigt, veranstalten einen Zirkus um meinen Neffen, der langsam rausbekommen hat, dass Oma alles für ihn tut, weil er ja seine Mama verloren hat (was ich nicht verharmlosen will), merken dabei nicht, das wir uns gegenseitig langsam an die Gurgel gehen und keiner mehr mit dem anderen vernünftig umgehen kann. Die Frage ist, wie kann ich allen gerecht werden und wie kann ich meiner Mutter beibringen, dass sie sich von meinem Neffen instrumentalisieren lässt und, dass ich meine Schwester auch vermisse und das ich meine Familie eigentlich nur wiederhaben will? So hart die Realität ist aber die Welt dreht sich weiter, ich bin auch Tochter und brauche meine Eltern und meine Schwester, nur im Moment, irgendwie bin ich ratlos. Warum merkt das niemand. Ich helfe meinem Schwager, er muss sich vieles anhören, viel Kritik ist auch dabei aber er macht das toll, er bemüht sich, er versucht eben Vater zu sein, er ist eben eher konservativ und versucht Normalität reinzubringen, was meine Mutter nur abfällig kommentiert. Für sie muss man meinen Neffen schonen und ihm alles geben was er will, er hat eben seine Mutter verloren. Wie gesagt, ich bin ratlos, ich will meinem Schwager nicht die Erziehung abnehmen, das ist eine Rolle, die mir nicht zusteht. Ich helfe wo ich kann aber Leben ist eben nicht nur Zuckerwatte und Kakao. Warum macht meine Mutter das, uns gegeneinander ausspielen? Wie kann ich nur langsam wieder Normalität reinbringen? Wie vermittel ich am besten, dass mein Neffe und ihr Enkel zur Normalität zurück müssen und wir uns raushalten müssen, auch wenn wir anderer Meinung sind? Ich bin wirklich ratlos und langsam am Ende meiner Weisheiten.
Aber eigentlich geht es mir gut soweit
🙄