Ich kenne diese Ängste, seit ich ein Kind habe.
Als Dementia ein Baby war, bin ich oft nachts aufgewacht, richtig hochgeschreckt, weil ich mir eingebildet habe, dass sie nicht mehr atmet.
Ich denke, das ist für junge Eltern normal.
😳
Inzwischen ist sie ja über 20, und ich gehe wesentlich entspannter an die Sache ran. Klar, als sie letzten November in Paris war während der Anschläge, bin ich auch 1000 Tode gestorben, bis wir geskypet hatten und ich sicher war, dass sie heil und gesund ist.
Bei den Katzingers horche ich nachts auch, wie beim Baby, dass da noch jemand atmet bzw. sich bewegt
😀.
Aber das hat nicht die Qualität wie mit dem kleinen Kind damals!
Zum einen habe ich natürlich an Lebenserfahrung allgemein hinzu gewonnen, zum anderen habe ich schon mehrere geliebte Wesen verabschieden müssen, notabene meine Schwiegermama und die drei Sternchen.
Eine schlimme Diagnose schreckt mich nicht mehr so; ich kann auch der Überlegung ins Auge blicken, dass ich selbst Krebs oder eine ähnlich scheußliche Krankheit bekomme.
Ich habe ein ganz wichtiges Lebensziel erreicht und meine Tochter zu einem selbstständigen und mitten im Leben stehenden Menschenkind erzogen, das mit viel Herzensbildung und gesundem Menschenverstand ans Leben herangeht und sehr gut auch ohne mich klar kommen wird - was will man mehr?
Finanziell kann ich Dementia einen Grundstock zur Familiengründung mitgeben, ich habe sehr sehr schöne Erlebnisse und Zeiten in meinem bisherigen Leben gehabt, ich habe schlimme Zeiten überstanden, auch mit Hilfe von guten und erprobten Freunden, und in diesem Sinne kann ich schon jetzt auf erfüllte Zeiten in meinem Leben zurück blicken und mich auf die Zukunft freuen.
Das macht es mir leichter, auch bei den Liebsten und Nächsten eine schlimme Diagnose zu akzeptieren. Ich weiß, dass ich das überleben kann. Und ich weiß auch - bezogen auf die geliebten Menschen -, dass ich das mit tragen und eine gewisse Stütze sein kann.
Für meine Tiere sehe ich da vor allem auch die Verantwortung, dass ich ihr Leben beenden lasse, wenn es nur noch Qual und nicht mehr lebenswert ist, also Euthanasie. Beim Menschen geht das nicht - das habe ich an meiner Mutter gesehen (Patientenverfügung, also keine Apparatemedizin und lebensverlängernde Maßnahmen).
DAS finde ich viel schwieriger, denn (auch wenn es sich brutal anhört, aber ich finde Offenheit in diesem Punkt einfach auch wichtig!) meine Mutter ist, technisch betrachtet, verhungert.
Sie war demenzkrank in einem Stadium, das eine Sondenernährung notwendig gemacht hätte, körperlich aber gut in Schuss. Aufgrund der Patientenverfügung wurde keine Zwangsernährung gemacht, sondern bekam sie Kochsalzlösung und Elektrolyte im Venentropf, so dass ihr das Sterben leichter gemacht wurde.
Mein Vater musste ihr täglich beim Sterben zugucken, über einen Zeitraum von gut sechs Wochen hinweg. Ich habe gedanklich mitgelitten, war aber räumlich überwiegend nicht anwesend.
Ich habe lange Zeit große Schuldgefühle deswegen gehabt, obwohl ich die Entscheidung gemeinsam mit meinem Vater getroffen hatte und mich zu der Verantwortung auch bekenne.
Wünschen tue ich so eine Notwendigkeit niemandem, aber man kann es sich nicht aussuchen, wie das Leben sich entwickelt.
Für den betroffenen Menschen (oder das geliebte Haustier) wäre es sicherlich insgesamt "angenehmer", einfach tot umzufallen oder einzuschlafen und nicht wieder aufzuwachen. Meinen Liebsten und Nächsten wünsche ich das auch, aber da ich da noch keine eigene Erfahrung gemacht habe (und mir, ehrlich gesagt, ganz egoistisch auch nicht wirklich wünsche), habe ich davor schon Angst!
Letztlich ist es für uns in der Rolle als Hinterbliebene einfacher, über einen gewissen Zeitraum hinweg mit dem Gedanken vertraut zu werden, dass das geliebte Wesen nicht mehr lange auf der Erde weilt. Abschied nehmen können. Loslassen. Sich damit trösten, dass das Leiden ein Ende hat.
Mit ist meine Schwiegermutter ein ganz großes Vorbild, denn sie hat nicht nur ihre Eltern jeweils mit langem Leiden begleitet, sondern sie hat auch ihre eigenen Krebserkrankungen mit großer Würde und Annahme des Leidens ertragen und ihren Mann, ihren Sohn, ihr Enkelkind und mich auch immer wieder getröstet, wenn wir am Verzweifeln waren. Sie fehlt mir jeden Tag wieder, und ich kann mit wirklich nur wünschen, dass ich am Ende meines eigenen Lebens auch nur einen Bruchteil ihrer Kraft werde aufbringen können!
In mir ist die feste Überzeugung, dass der Tod ein Übergang ist und dass darin kein Ende liegt. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Aktuell:
Als vor weniger als zwei Monaten bei Frau Nine die FIP-Diagnose im Raum stand, hat es mir absolut den Boden unter den Füßen weggezogen, weil FIP einfach bedeutet, dass alles so schnell geht und Katz enorm leiden muss.
Der Gedanke, dass die Süße vielleicht den Jahreswechsel nicht mehr erlebt, war für mich absolut bitter, denn Nine ist ja gerade erst sechs geworden.
Ich hatte aber Zeit, mich mit dem Thema auseinander zu setzen (ganz abgesehen davon, dass glücklicherweise die Diagnose sich nicht bestätigt hat!), und ich kann insofern auch gut der Tatsache ins Auge sehen, dass Nine eine sehr kranke Katze ist und auch nicht sehr alt werden wird.
Ihr Verdauungstrakt ist einfach sehr kaputt, und wir können froh sein, wenn wir sie weiter auf einem gewissen Status Quo halten können und sie noch lange eine gute Lebensqualität haben wird.
Gemessen an dem, was wir schon kennen an Malessen, wird Nine pflege- und behandlungsintensiver, muss engmaschiger betreut werden mit Blutbildern, mit Röntgen und Schall etc., mit dauerhafter Medikation.
Lass es noch drei Jahre sein, zwei Jahre, eines ..... für jeden Tag, jeden Monat werde ich dankbar sein, an dem sie eine gute Lebensqualität hat und spielt, Spaß hat, ihr Leben genießt!
So sind wir nach der jeweiligen Diagnose (Krebs) auch bei den Sternchen Jeannie und Nicki herangegangen, also Palliativmodus und keine Erwartungen mehr, sondern Tag für Tag leben.
Bei Sternchen Nero ging das leider nicht; zwar lag etwas Zeit zwischen seinem ersten KH-Aufenthalt und der letzten OP, aber wir hatten keine Gelegenheit (und Kenntnis um die Diagnose), um in den Palliativmodus umzuschalten. Und das hängt mir ein bisschen auch nach all den Jahren noch nach.
Bei einer Katze, die sehr plötzlich verstirbt (natürlich entsprechend auch bei einem geliebten Menschen!), hätte ich sicherlich viel mehr am Abschiednehmen und an der Trauerbewältigung zu kauen.
Und da möchte ich eigentlich ganz egoistisch laut zetern und aufheulen und jaulen und jammern, dass das gar nicht geht und nimmer stattfinden darf......
😱😳
Trotzdem wünsche ich beispielsweise meinem Schwiegervater von Herzen, dass er - wie er es sich auch wünscht - iwann einfach morgens nicht mehr aufwacht bzw. einfach mit einem Herzschlag tot umfällt!

Und meinem Vater auch.
LG