Nightcat
Erfahrener Benutzer
- Mitglied seit
- 28. März 2021
- Beiträge
- 270
Hallo zusammen,
um den Thread Trächtige Pflegekatze nicht zu sehr vom eigentlichen Thema weg zu führen, hier einmal die Diskussion rund um "unzähmbare Streunerkatzen" ausgelagert.
Konkret, diesen Beitrag:
Bzw. worum geht es hier?
Ich vertrete den Standpunkt, dass es nicht akzeptabel und vor allem nicht notwendig ist, Kitten frühzeitig von ihrer scheuen Mutter zu trennen um sie ausreichend zu sozialisieren.
Umgangssprachlich.
Sozialisation ist das was die Katzenmutter leistet und was verhindert, dass die Kitten später an einem halben Dutzend Verhaltensauffälligkeiten leiden. Nennen wir es hier also lieber einmal: Um Kitten ausreichend mit Menschen vertraut zu machen.
(PS: Es gibt wie oben im Spoiler angeführt aber andere Gründe, warum Trennungen manchmal sinnvoller sein können, dass die Mutterkatze vor Angst quasi stirbt, weil sie zu wenig Ausweichplatz hat, würde da zB auch dazu gehören).
Warum nicht?
Zum Einen, weil Kitten sehr problemlos Vertrauen zu menschen fassen, selbst scheue Bauernhof- und Streunerkitten. Man braucht wirklich nur Zeit, ein bisschen Futter, eine Katzenangel und einer Portion Geduld. Funktioniert immer. Auch wenn die Mutter mehr als nur handscheu ist.
In einer sicheren Umgebung (was bei zB scheuen Tierschutzkatzen ja normalerweise immer der Fall ist, die werden ja eingefangen und nicht vor Ort betreut) ist sowas noch viel einfacher als wenn man das "in freier Wildbahn" macht. Habe beides durch.
Zum Anderen, weil auch erwachsene Katzen lernfähig sind und ganz ausgezeichnet darin sind, sich an neue Gegebenheiten anzupassen.
Das Herz einer "wilden" Katze zu gewinnen ist nicht einfach, aber ich habe sehr lange mit Katzen dieser Art gearbeitet und ich habe noch keine getroffen, die sich unter ernsthaften Bemühungen als hoffnungslos herausgestellt hat.
Bitte zu unterscheiden:
1. handscheu = an Menschen gewöhnt, lässt sich nur nicht anfassen; sehr einfach mit Futter anzulocken; trifft auf halbwild lebende Katzen zu, die regelmäßig gefüttert werden aber mit denen sich nie jemand näher beschäftigt hat;
2. scheu = geht nur an bereit gestelltes Futter, wenn man mehrere (!) Meter Abstand einhält, ist angespannt solange Mensch in Sichtweite ist; potentiell schlechte oder gar keine Erfahrungen mit Menschen; ohne Falle keine Chance einzufangen; reagiert panisch in Gefangenschaft;
3. Europäische Wildkatze. Nicht zähmbar;
Wir reden hier prinzipiell über Katzen der Kategorie 2.
LG
Nightcat
um den Thread Trächtige Pflegekatze nicht zu sehr vom eigentlichen Thema weg zu führen, hier einmal die Diskussion rund um "unzähmbare Streunerkatzen" ausgelagert.
Konkret, diesen Beitrag:
Ich weiß wie eine Katze aussieht, die Menschen nicht kennt und kein bisschen vertraut. Ich hatte neben meinen "richtigen" Katzen auch immer Katzen für die ich quasi nur einen Futter- und Schlafplatz geboten habe. Anfangs zugelaufene, später auch über das Tierheim an mich weitergegeben.
Ich habe gesehen, wie solche Katzen vorsichtig ein paar Schritte ins Haus machen - und wie sie in völlige Panik geraten, wenn man versucht die Tür hinter ihnen zu schließen (und wir reden von einem großen Raum und einem kompletten Haus im Anschluss, aber es war der "Fluchtweg nach Draußen"). Wie solche Katzen es schaffen einen TA durch seine Schutzhandschuhe hindurch blutig zu beißen (well, ich hatte ihn gewarnt, no regrets).
Ich hatte (habe...) eine eigene Kastenfalle in der Garage stehen.
Und ich habe auch gesehen, wie dieselben Katzen - teils ältere Exemplare - langsam Zutrauen gefasst haben. Und was aus ihnen wird, wenn es dann "Klick" macht, manchmal nach ein paar Wochen - manchmal nach Jahren. Aber keine meiner "Futterstellen"-Katzen ist eine solche geblieben.
Ich könnte Romane schreiben, was ich da erlebt habe, aber ich glaube das sprengt jeden Rahmen und hat vor allem hier nichts verloren.
Worauf ich hinaus will: So etwas wie unbelehrbar wilde Katzen und hoffnungslos scheu gibt es nicht.
Misshandelt, noch nie einen Menschen gesehen, panisch, verängstigt - ja. Und das sind sicher Katzen, für die es einfacher, vielleicht sogar besser ist, wieder ausgewildert und auf Futterstellen gebracht zu werden. Aber das heißt nicht, dass sie nicht mit genügend Geduld und Zuwendung zahm werden könnten.
Das ist einfach ein verdammtes Märchen, oder für wie blöd haltet ihr Katzen? Sobald sie Vertrauen fassen - und das dauert manchmal eben sehr lange - steckt unter so einem Wildfang oft eine genauso verschmuste und liebesbedürftige Kreatur wie unter jeder beliebigen Rassekatze und spätestens im Alter liebt so eine Katze dann genauso einen Schlafplatz im warmen Haus wie jede andere.
Nach meiner Erfahrung sind das sogar später teils deutlich anhänglichere Tiere, als müssten sie ein halbes Leben voll verpasster Zuwendung möglichst schnell wieder aufholen.
Fakt ist auch, es gibt nicht genug Stellen die so einem Tier eine richtige Umgebung bieten können. Erst muss sich das Tier wohl fühlen, das tun solche Katzen nicht eingesperrt in einem Haus - und dann erst kann man am Vertrauen arbeiten. Dazu reicht es nicht einmal täglich da vorbei zu gehen und den Tieren Futter hinzustellen. Da ist echte "Arbeit" gefragt.
Ich verstehe auch, dass man bei Tierschutzorganisationen zum Wohl der Mutter und aus praktischen Gründen Kitten eventuell frühzeitig trennt, einfach weil man auch keinen Ort hat, wo man sie alternativ unterbringen könnte. Und es ist natürlich deutlich Zeitintensiver Kitten zB in einem großen Freigehege auf Menschen zu prägen, selbst wenn man so etwas hätte.
Von Handaufzuchten und Trennen allgemein bin ich zwar absolut kein Freund, aber man muss gerade im Tierschutz manchmal auch realistisch denken und da geht halt vor, was praktikabel ist. Sieht anders aus, wenn es - und das ist zB hier bei Sabrina wohl offensichtlich der Fall - auch eine andere Option gibt.
Katzen wieder auswildern hat nebenbei bemerkt auch zig andere Gründe, aus denen das sinnvoll ist und gemacht werden sollte. Stabile und kastrierte Katzenpopulationen sind in Gebieten die mit Streunern zu kämpfen haben essenziell.
Ich möchte aber auch definitiv gegen dieses Märchen von "Katze ist nicht zähmbar" vorgehen.
Sollte mehr Gesprächsbedarf darüber bestehen als meine Ausführung oben können wir uns gerne in einen eigenen Thread setzen und das einmal durchdiskutieren, gerne auch mit etwas fachlicher angehauchter Hintergrunds-Katzen-Ethologie dazu.
Ich habe gesehen, wie solche Katzen vorsichtig ein paar Schritte ins Haus machen - und wie sie in völlige Panik geraten, wenn man versucht die Tür hinter ihnen zu schließen (und wir reden von einem großen Raum und einem kompletten Haus im Anschluss, aber es war der "Fluchtweg nach Draußen"). Wie solche Katzen es schaffen einen TA durch seine Schutzhandschuhe hindurch blutig zu beißen (well, ich hatte ihn gewarnt, no regrets).
Ich hatte (habe...) eine eigene Kastenfalle in der Garage stehen.
Und ich habe auch gesehen, wie dieselben Katzen - teils ältere Exemplare - langsam Zutrauen gefasst haben. Und was aus ihnen wird, wenn es dann "Klick" macht, manchmal nach ein paar Wochen - manchmal nach Jahren. Aber keine meiner "Futterstellen"-Katzen ist eine solche geblieben.
Ich könnte Romane schreiben, was ich da erlebt habe, aber ich glaube das sprengt jeden Rahmen und hat vor allem hier nichts verloren.
Worauf ich hinaus will: So etwas wie unbelehrbar wilde Katzen und hoffnungslos scheu gibt es nicht.
Misshandelt, noch nie einen Menschen gesehen, panisch, verängstigt - ja. Und das sind sicher Katzen, für die es einfacher, vielleicht sogar besser ist, wieder ausgewildert und auf Futterstellen gebracht zu werden. Aber das heißt nicht, dass sie nicht mit genügend Geduld und Zuwendung zahm werden könnten.
Das ist einfach ein verdammtes Märchen, oder für wie blöd haltet ihr Katzen? Sobald sie Vertrauen fassen - und das dauert manchmal eben sehr lange - steckt unter so einem Wildfang oft eine genauso verschmuste und liebesbedürftige Kreatur wie unter jeder beliebigen Rassekatze und spätestens im Alter liebt so eine Katze dann genauso einen Schlafplatz im warmen Haus wie jede andere.
Nach meiner Erfahrung sind das sogar später teils deutlich anhänglichere Tiere, als müssten sie ein halbes Leben voll verpasster Zuwendung möglichst schnell wieder aufholen.
Fakt ist auch, es gibt nicht genug Stellen die so einem Tier eine richtige Umgebung bieten können. Erst muss sich das Tier wohl fühlen, das tun solche Katzen nicht eingesperrt in einem Haus - und dann erst kann man am Vertrauen arbeiten. Dazu reicht es nicht einmal täglich da vorbei zu gehen und den Tieren Futter hinzustellen. Da ist echte "Arbeit" gefragt.
Ich verstehe auch, dass man bei Tierschutzorganisationen zum Wohl der Mutter und aus praktischen Gründen Kitten eventuell frühzeitig trennt, einfach weil man auch keinen Ort hat, wo man sie alternativ unterbringen könnte. Und es ist natürlich deutlich Zeitintensiver Kitten zB in einem großen Freigehege auf Menschen zu prägen, selbst wenn man so etwas hätte.
Von Handaufzuchten und Trennen allgemein bin ich zwar absolut kein Freund, aber man muss gerade im Tierschutz manchmal auch realistisch denken und da geht halt vor, was praktikabel ist. Sieht anders aus, wenn es - und das ist zB hier bei Sabrina wohl offensichtlich der Fall - auch eine andere Option gibt.
Katzen wieder auswildern hat nebenbei bemerkt auch zig andere Gründe, aus denen das sinnvoll ist und gemacht werden sollte. Stabile und kastrierte Katzenpopulationen sind in Gebieten die mit Streunern zu kämpfen haben essenziell.
Ich möchte aber auch definitiv gegen dieses Märchen von "Katze ist nicht zähmbar" vorgehen.
Sollte mehr Gesprächsbedarf darüber bestehen als meine Ausführung oben können wir uns gerne in einen eigenen Thread setzen und das einmal durchdiskutieren, gerne auch mit etwas fachlicher angehauchter Hintergrunds-Katzen-Ethologie dazu.
Bzw. worum geht es hier?
Ich vertrete den Standpunkt, dass es nicht akzeptabel und vor allem nicht notwendig ist, Kitten frühzeitig von ihrer scheuen Mutter zu trennen um sie ausreichend zu sozialisieren.
Umgangssprachlich.
Sozialisation ist das was die Katzenmutter leistet und was verhindert, dass die Kitten später an einem halben Dutzend Verhaltensauffälligkeiten leiden. Nennen wir es hier also lieber einmal: Um Kitten ausreichend mit Menschen vertraut zu machen.
(PS: Es gibt wie oben im Spoiler angeführt aber andere Gründe, warum Trennungen manchmal sinnvoller sein können, dass die Mutterkatze vor Angst quasi stirbt, weil sie zu wenig Ausweichplatz hat, würde da zB auch dazu gehören).
Warum nicht?
Zum Einen, weil Kitten sehr problemlos Vertrauen zu menschen fassen, selbst scheue Bauernhof- und Streunerkitten. Man braucht wirklich nur Zeit, ein bisschen Futter, eine Katzenangel und einer Portion Geduld. Funktioniert immer. Auch wenn die Mutter mehr als nur handscheu ist.
In einer sicheren Umgebung (was bei zB scheuen Tierschutzkatzen ja normalerweise immer der Fall ist, die werden ja eingefangen und nicht vor Ort betreut) ist sowas noch viel einfacher als wenn man das "in freier Wildbahn" macht. Habe beides durch.
Zum Anderen, weil auch erwachsene Katzen lernfähig sind und ganz ausgezeichnet darin sind, sich an neue Gegebenheiten anzupassen.
Das Herz einer "wilden" Katze zu gewinnen ist nicht einfach, aber ich habe sehr lange mit Katzen dieser Art gearbeitet und ich habe noch keine getroffen, die sich unter ernsthaften Bemühungen als hoffnungslos herausgestellt hat.
Bitte zu unterscheiden:
1. handscheu = an Menschen gewöhnt, lässt sich nur nicht anfassen; sehr einfach mit Futter anzulocken; trifft auf halbwild lebende Katzen zu, die regelmäßig gefüttert werden aber mit denen sich nie jemand näher beschäftigt hat;
2. scheu = geht nur an bereit gestelltes Futter, wenn man mehrere (!) Meter Abstand einhält, ist angespannt solange Mensch in Sichtweite ist; potentiell schlechte oder gar keine Erfahrungen mit Menschen; ohne Falle keine Chance einzufangen; reagiert panisch in Gefangenschaft;
3. Europäische Wildkatze. Nicht zähmbar;
Wir reden hier prinzipiell über Katzen der Kategorie 2.
LG
Nightcat