Oreolina, meiner Meinung nach differenzierst du zuwenig.
Ich finde, man kann die Einzelfälle von verwilderten Katzen oder Streunern an Privathäusern nicht mit Futterstellen/ Streuner"kolonien"/ frei entstandenen Katzenpopulationen "irgendwo" in einen Topf werfen. Die Ausgangslage und die Bedingungen für Fang und Versorgung unterscheiden sich. Und ein einzelner Katzenfreund könnte sich ganz anders um eine herrenlose Katze aus dem Umfeld kümmern, den Aufwand kann ein Verein, der Tierschutz nicht pro Tier leisten, dann könnten sie zu wenigen helfen. Das muß pragmatischer laufen. Mit "nur füttern", ist es aber niemals getan, das kann aber ein guter Anfang sein!
Wenn in Wohngebieten mit Freigängerpopulation ein einzelnes offensichtlich herrenloses und versorgungsbedürftiges Katzentier auftaucht, kann man das nicht mit den Vielkatzenfällen vergleichen - auch wenn unter ungünstigen Umständen aus solch Einzeltier eine Kolonie werden kann. Jedenfalls kann man doch hier individuell angepaßt handeln. Selbst handeln.
Meist gibt es ja eigene Katzen die im Revier leben und viele Freigänger aus dem Umfeld. Da ist es nicht so einfach gezielt eine bestimmte scheue Katze zu füttern oder in eine Falle zu locken oder sie überhaupt ans Revier zu "binden".
Grad in Gebieten wie meinem Umfeld, städtische Einfamilienhausgegend mit vielen Gartenkolonien, können sich Streuner so irgendwie durchschlagen was Futter angeht, offensichtlich zumindest, es gibt ja viele Freigänger und die wenigsten Katzenhalter haben eine Chip-Klappe, das ist eine Chance an Futter zu kommen, oder es wird draußen gefüttert oder manch einer möchte keine Katze, füttert aber leider gern welche... das sind Fakten aus meinem Umfeld. Nur leider, die Chance, daß jemand sich verantwortlich fühlt und die herrenlosen Katzen kastriert, TA-Versorgung sicherstellt usw., die ist klein.
Wenn man also einer Katze "umfassend" helfen will, muß man auch das Risiko des Abwanderns einkalkulieren und deshalb habe ich meine Methode immer an die Katze angepaßt, auch wenn das bedeutete, ich muß mit dem kastrieren warten. Oder einfach mal eine Weile füttern und beobachten. Und ja, da haben sich sicher auch andere Katzen bedient - damit muß man als Freigängerhalter aber rechnen. Nur gezielt fremde Katzen mit Besitzer (oft genug haben die ein Halsband mit Adresse/Adreßanhänger, zumindest sind sie im Umfeld bekannt) anfüttern, das geht nun mal gar nicht.
Ich nehme einfach mal nur meine "Ex-Streuner" als Beispiele wie verschieden die Felle sein können und warum man eben nicht alles nach Pauschalschema F machen muß, wenn man die Chance hat.
Zwei "Streuner" waren nach einiger Zeit des Gastkaterseins im Garten anfassbar genug, einfach so eingeboxt zu werden und dem TA zwecks Kastra Chipsuche, chippen, Gesundheitscheck vorgestellt zu werden. Das war simpel einfach.
Kater Leo war eine harte Nuß, extrem scheu, eindeutig unkastriert und den übrigen Anwohnern unbekannt - es sah ihn einfach niemand, ein Fakt, der mir bei allen "Streunern" auffiel, nur die, die aktiv selbst auf den Menschen zugehen, in Häuser einsteigen usw., werden wahrgenommen. Die übrigen leben unter uns, sind aber "unsichtbarer" als Stadtfüchse.
Für Leo wurde ich zur Versorgungsstelle, aber er blieb auf Distanz, gern hätte ich ihn gleich eingefangen - doch die Chance, daß er wenn es mißlingt, zurückkehrt schien mir zu gering. Und was dann? Wie groß ist die Möglichkeit, daß er dann nochmal jemanden trifft, der sich so bemüht, daß er eine echte zweite Chance bekommt? Im weiteren Umfeld bin ich die einzige "katzen-Verrückte", ja mit über drei Katzen wird man nicht als Ottonormal eingestuft, aber da pfeif ich eh drauf.
Ich hatte bei Leo eine Chance ihn zu "fangen", auf welche Weise auch immer, eine Chance die gelingen mußte.
Über eine Falle habe ich lange nachgedacht - doch da wären mir alle Igel und sämtliche Freigänger auch reingetappt und Leo hätte das begriffen. Soo groß war seine Futternot nicht, notfalls hätte seine Vorsicht überwogen und er wäre weitergezogen auf der Suche nach Futterversorgung.
Also habe ich ihn über zwei Jahre mit Futter versorgt, mit Wildtierkamera überwacht, bin im Winter nachts aufgestanden, weil die Katzenklingel seinen Besuch meldete (und ich ihm daraufhin Futter rausstellte), erst nach dieser Zeit hatte ich ihn soweit, daß er dermaßen dicht an die Haustür kam, ich ihn im Nacken streicheln durfte, "packen" übte und ihn dann eines Tages blitzschnell griff und in den Raum zog + die Haustür zuwarf. Das nachfolgende Einfangen im Raum wäre mir ohne meine erfahrene Freundin kaum geglückt. Beim TA mußte Leo zuerst sediert werden, bevor er aus der Box kam.
Danach bekam Leo den Eingangsraum zwecks "Zähmungsversuch".
Anfangs stank der Raum wie Puma und das ganze Haus auch, es dauerte ehe die Hormone abflauten, er das Markieren einstellte. Das kann verständlicherweise auch nicht jeder daheim mal eben so machen.
Anfangs benahm er sich wie ein Wildchen, doch mit den Wochen taute er auf. Ich gewöhnte ihn an den Surefeed, so hätte ich ihn draußen gezielt weiterfüttern können, hätte er nicht drin bleiben wollen. Doch Leo mauserte sich zum Hauskater, zum Schmusetiger - das hätte keiner vorausgesehen, so gut war der gewohnte Menschenumgang unter seinem Überlebensmodus versteckt. Leo hat jeder als "der fühlt sich nur draußen wohl" eingestuft, doch als er drinne kennenlernen mußte (ich bin stur meinem inneren Gefühl gefolgt und habe den Verstand außen vor gelassen) und dann später die Wahl hatte, kehrte er von jedem Ausflug freiwillig heim oder ging gar nicht erst raus.
Und ich befürchte, es gibt da draußen viele Katzen wie Leo, die mal Menschen hatten, sie verloren haben und sich jahrelang draußen allein durchschlugen, die Strategien gleichen dann irgendwann den Wildchen sehr und erst mit Zeit und Geduld kommt die "eigentliche Hauskatze" wieder zum Vorschein. Dem ersten Anschein nach würde sie jeder raussetzen, aber das ist eigentlich nicht das Leben was sie wollen, sondern das, was ihnen übrig blieb - sie finden nicht gleich die Brücke zurück, das braucht, vor allem braucht es eine Chance.
Ich bin mir sicher, viele sogenannte Streuner, auch scheue, sind eigentlich keine. Nur weil eine Katze lange draußen leben mußte, bedeutet es nicht, daß sie bei einer Wahl, dies auch wieder möchte!
Nun ist im Winter Kater Snooky aufgetaucht, dünn, hungrig und auf der Suche nach Wetterschutz. Alle Hüttenangebote ignorierte er und zog in den Kellerfensterschacht. Ich hoffte es fände sich noch ein Besitzer und er wäre nur vorübergehend versorgungslos, denn von früher kannte ich ihn vom sehen, leider blieb er "frei".
Anfassen kann man Snooky nur wenn er mag so ein wenig und er wehrt sich heftig, sobald ihm das zuviel wird. Einboxen einfach so unmöglich, das würde eine Aktion wie bei Leo. Snooky ist aber ganz eindeutig bereits kastriert. Inzwischen hat er sich entschlossen auch zeitweise drinne zu schlafen, er kommt und geht also via menschlichem Türöffner wie er will. Das war auch "einfach". Und obwohl es Snooky immer wieder raus zieht, möchte er nicht dauerhaft nur draußen leben, er ist auch schon ein älterer Kater. Mittlerweile gut im Futter, aber altersbedingt ohne das typische Unterhautfettgewebe.
Gern würde ich ihn draußen nur via Surefeed füttern, doch dazu muß er gechippt sein (Halsband umlegen für die Surefeedmarke geht nicht) - da es aber ansonsten keinen Anlaß gibt, ihn stressig einzufangen, zum TA zu bringen und eine Untersuchung und das Chippen nur mit Sedierung möglich wäre, warte ich zähneknirschend ab und sondiere immer meine Möglichkeiten bezüglich des Katerseniors.
In Folge dessen steht draußen auch oft genug wegen Snooky Futter frei rum. Witterungsgeschützt, aber zugänglich auch für Freigänger, Igel usw.
Gern mache ich das nicht, unter den aktuellen Umständen ist es nun aber eben so.
Wer mich dafür verurteilen will, muß es eben tun. Ich finde man kann nicht alles in Schubladen sortieren, sondern sollte genau gucken, was einer weshalb macht - oft genug ergibt es Sinn!
Es ist für mich sonnenklar, daß ab dem Zeitpunkt, wo ich in die Katzenaugen gucke und entscheide "ich helfe dir", das nicht in nur Futter hinstellen endet, sondern die volle Verantwortung für das "neue" Katzentier in Abstimmung mit meiner vorhandenen Katzenbande ist. Will heißen sich kümmern mit Bleiberecht oder notfalls vermitteln. Bedeutet TA-Versorgung. Bedeutet Besitzersuche, kastrieren, chippen und auf mich registrieren - aber je nach Umstand nicht immer sofort. Nur füttern und sonst nix geht aber mal gar nicht, dank Technik wie z.B. Wildtierkamera kann man aber auch scheue Tiere gut überwachen.
Bei Leo gab es z.B. keine festen Zeiten zu denen er kam, fast immer aber nachts/in der Dunkelheit, wenn keiner sonst in der Nähe war.
Wieviele Katzen in ähnlichen Regionen wie meinem Umfeld herrenlos sich irgendwie grad noch futtermäßig durchschlagen können, kann man nur ahnen. Es sind sicherlich viele. Ungesehen vom menschlichen Umfeld und wenn sie irgendwo Futter bekommen, aber eben nur Futter, eines Tages krank werden, verletzt sind und dann nicht mehr auftauchen, ja dann werden sie vermutlich vom Fütterer eines Tages vermißt - aber ich vermisse die menschliche Hilfe, die ihnen vorher hätte zuteil werden können.
Es gibt noch viel zu viele ungechipte, unregistrierte Katzen (und die damit bei Fund nicht zugeordnet werden können, leider wird auch nicht nach jeder vermißten Katzen intensiv gesucht seitens der Halter), Freigänger die zu spät kastriert werden - oder gar nicht. Selbst in Berlin, unter meiner Nachbarschaft ist Tasso noch recht unbekannt, chippen genauso.... das ist ein weiterer Ausgangspunkt von möglichem Katzenelend und herrenlosen Populationen. Verantwortung legt eben jeder anders aus.
Liebe Grüße
Karen