Leben mit immunhämolytischer Anämie

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Warnhinweis bei medizinischen Ratschlägen

Achtung: Bei medizinischen Problemen sollte stets die Meinung eines niedergelassenen Tierarztes oder einer Tierklinik eingeholt werden.
Celoumi

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24. Juli 2025
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Hallo zusammen,

ich möchte heute unsere Geschichte mit Milo teilen – in der Hoffnung, anderen Mut zu machen, deren Katzen ebenfalls schwer krank sind. Denn auch wenn es oft keinen klaren Fahrplan gibt: Es kann sich lohnen, dranzubleiben.


Milo war Anfang des Jahres (März) schwer krank. Er fraß kaum noch, war extrem schlapp, hatte Fieber und sein Hämatokrit fiel dramatisch ab – bis auf 10 %. Die Diagnose war alles andere als eindeutig: Die Anämie war nicht regenerativ, seine Lymphknoten im Körper waren vergrößert, ein zugrunde liegendes Lymphom konnte nicht ausgeschlossen werden. Eine Knochenmarkspunktion wollten wir Milo ersparen (da er einfach in einem zu schlechten Zustand war und sivh die Therapie ohnehin nicht geändert hätte). Ein Coomb-Test, Katzenkrankheiten Test etc. waren alle negativ – also mussten wir mit vielen Fragezeichen weitergehen. Klar war nur: Sein Zustand war kritisch.


Wir entschieden uns früh für eine Behandlung mit Cortison (Prednisolon) und unterstützenden Maßnahmen wie Vitamin B12, Eisen, Appetitanregern sowie Spritzenfütterung, da er so gut wie nichts essen wollte. In dieser Zeit war Milo extrem schwach, gleichzeitig aber so tapfer und kooperativ. Es gab immer wieder kleine Hoffnungszeichen – und dann Rückschritte.

Insgesamt erhielt Milo innerhalb von 4 Wochen drei Bluttransfusionen. Die erste stabilisierte ihn kurzfristig und man wartete ab, ob die Therapie mit Kortison Wirkung zeigt. Leider war dies nicht der Fall und der Hämatokrit sackte wieder auf 10% ab. Die zweite gab nochmal etwas Zeit und wir haben nach Empfehlung einer Internistin und Onkologin die Therapie mit Leukeran begonnen (ein Chemotherapeutikum aus der Humanmedizin, das immunsuppressiv wirken soll. Leider bei Milo mit Nebenwirkungen verbunden wie extreme Übelkeit und erbrechen, was wir mit MCP und Cerenia in den Griff bekommen haben). Daraufhin stiegen zwar die Retikoluzyten, aber nicht der Hämatokrit. Dieser sackte nach einer Woche sogar sehr stark auf nur 7% ab, also schon wieder ein mehr als lebensbedrohlicher Zustand. Wir mussten uns nun entscheiden, ob wir ihn gehen lassen wollen, oder nochmal eine Transfusion machen wollen, um uns weitere Zeit verschaffen zu können. Milo ist aber erst 2 Jahre alt und einen Therapievorschlag hatten wir noch erhalten. Nach der dritten Transfusion war aber klar: Das ist jetzt seine letzte Chance.

Und genau da kam der entscheidende Wendepunkt: In der Tierklinik schlug die Ärztin eine sogenannte Impulstherapie mit Leukeran vor – eine einmalige Hochdosisgabe mit 5 Tabletten auf einmal. Zuvor hatte er bereits Leukeran in niedriger Dosis bekommen, ohne nachhaltige Wirkung. Doch nach der Impulstherapie änderte sich plötzlich etwas:

• Die Zerstörung seiner Blutzellen hörte offenbar auf.

• der Hämatokrit-Wert stieg– ein Zeichen, dass sein Körper wieder selbstständig Blut bilden konnte.



In den Wochen danach stabilisierte sich Milo zunehmend. Sein Hämatokrit stieg auf über 30 %, sein Verhalten normalisierte sich. Wir konnten Cerenia, MCP und Appetitanreger absetzen, und er begann von selbst wieder zu fressen – erst vorsichtig, dann mit wachsender Begeisterung. Entscheidend war: Er musste erst körperlich stabil sein und die Medikamente mussten Schritt für Schritt wieder reduziert werden bevor er wirklich freiwillig fressen wollte.



Heute (4 Monate nach Beginn der Erkrankung) bekommt er:

• täglich eine halbe Tablette Prednisolon

• alle 4 Tage eine Tablette Leukeran



Diese Erhaltungsdosis verträgt er gut und wir hoffen, dass wir die Medikamente vielleicht irgendwann ganz ausschleichen können. Zwar zeigt Milo nach einer Reduktion leichte Anpassungsreaktionen, aber bislang ohne dramatische Rückfälle. Wir machen regelmäßig Blutkontrollen (ca. alle 6-8 Wochen), achten auf Temperatur, Appetit und Verhalten – und haben gelernt, Milo genau zu lesen. Eine felsenfeste Diagnose haben wir immer noch nicht. Aber obwohl der Coombs-Test negativ war, gehen die Ärzte von einer Immunhämolytischen Anämie aus, also eine Autoimmunerkrankung.



Was ich aus dieser Zeit mitnehme – und gerne weitergeben möchte:

• Man muss nicht immer sofort eine 100 %-Diagnose haben, um handeln zu können.

• Eine nicht-regenerative Anämie kann sich unter der richtigen Therapie wieder regenerieren. Man braucht vor allem erfahrene Ärzte! Wir waren bei einer Spezialistin und in der Tieklinik war die Chef-Ärztin mit dem Fall befasst.

• Impulstherapien können in Einzelfällen den Durchbruch bringen – auch, wenn man denkt, es geht nicht mehr.

• Und: Jeder noch so kleine Fortschritt ist es wert, gesehen zu werden.



Milo lebt wieder. Er geht kontrolliert mit Tracker raus, schnurrt, spielt wieder mit seinem Kumpel, frisst mit Freude und genießt jeden Tag. Wir wissen, dass jeder Tag ein Geschenk ist – aber wir freuen uns auch, dass wieder so viel Normalität eingekehrt ist.



Ich hoffe, unser Weg macht anderen Mut, nicht vorschnell aufzugeben – auch wenn es schwer ist. Durch die Ungewissheit in der Zeit hat es mir geholfen, wenn ich Erfahrungsberichte von anderen Katzenhaltern lesen konnte. Manchmal braucht es Geduld, Vertrauen, tierärztliche Offenheit und den Mut, ungewöhnliche Wege zu gehen.



Alles Liebe euch und euren Katzen
 
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Vielen Dank für deinen interessanten und informativen Bericht.
Das Thema betrifft mich zwar nicht selbst, aber in den beiden Gruppen, in denen ich bin, sehe ich gar nicht so selten Katzen mit diversen Formen der Anämie, u.a. auch der autoimmunvermittelten. Daher bin ich immer auf der Suche nach Informationen.

Für Milo drücke ich die Daumen, dass er lange so stabil bleibt und sein Leben genießen kann
 
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Eine meiner Katzen ist auch betroffen.

Die erste Anämie hatte sie im September 2022. Im Juni hatte sie den 2. Rückfall und sie bekam vor knapp 5 Wochen eine Bluttransfusion. Es geht ihr jeden Tag ein wenig besser. Die Blutwerte stabilisieren sich.

Wir waren bereits seit Anfang Oktober letzten Jahres bei einer Erhaltungsdosis von 1/4 Tablette Prednisolon. Jetzt musste die Dosis wieder deutlich erhöht werden. Aktuell spritze ich das Cortison, weil sie eine zeitlang fast gar nichts mehr gefressen hat.

Von der Impulstherapie habe ich heute das erste Mal gelesen.

Alles Gute für Milo. 🍀🐞🍀
 
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Hallo celuoumi,

ich drücke deinem katerchen weiterhin die Daumen. Hätte ich solche Beiträge früher gelesen, hätte ich meinem Kater auf jeden Fall noch eine zweite Bluttransfusion gegeben und ihn nicht einschläfern lassen. Mein Tier hatte ebenfalls eine nicht regenerative Anämie ( einmal Hämatokrit 6, einmal 9) und der TA in der Klinik riet beim zweiten schweren Rückfall zur einschläferung. Ich hadere bis heute mit der Entscheidung wenn ich sehe, was bei anderen möglich ist /war. Ich kann das alles gar nicht loslassen und habe ständig fas Gefühl ihm wertvolle Lebenszeit geraubt zu haben.

Nach seinem Tod, als ich wieder etwas zu Kräften kam, habe ich viel recherchiert und bin heute der Überzeugung, dass mein Kater evtl FIP als Auslöser der anämien hatte (im Blut gab es darauf hinweise) aber weder mein regulärer TA, noch mein Arzt in der Tierklinik hat darauf hingewiesen....

Beste wünsche weiterhin
 
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Hallo celuoumi,

ich drücke deinem katerchen weiterhin die Daumen. Hätte ich solche Beiträge früher gelesen, hätte ich meinem Kater auf jeden Fall noch eine zweite Bluttransfusion gegeben und ihn nicht einschläfern lassen. Mein Tier hatte ebenfalls eine nicht regenerative Anämie ( einmal Hämatokrit 6, einmal 9) und der TA in der Klinik riet beim zweiten schweren Rückfall zur einschläferung. Ich hadere bis heute mit der Entscheidung wenn ich sehe, was bei anderen möglich ist /war. Ich kann das alles gar nicht loslassen und habe ständig fas Gefühl ihm wertvolle Lebenszeit geraubt zu haben.

Nach seinem Tod, als ich wieder etwas zu Kräften kam, habe ich viel recherchiert und bin heute der Überzeugung, dass mein Kater evtl FIP als Auslöser der anämien hatte (im Blut gab es darauf hinweise) aber weder mein regulärer TA, noch mein Arzt in der Tierklinik hat darauf hingewiesen....

Beste wünsche weiterhin

Danke für deine Erfahrung und die Wünsche, Efeublatt. Es tut mir sehr leid, dass du mit deinem Kater auch so einen schwierigen Weg hinter dir hast und du ihn gehen lassen musstest.
Ich kann es sehr gut verstehen, dass du mit dieser Entscheidung haderst und dich fragst, ob man nicht doch etwas hätte tun können. Tatsächlich haben wir uns in dieser Situation auch total machtlos und überfordert gefühlt, denn eine nicht regenerative anämie mit unklarer Diagnose kann so viele Ursachen haben und auch die Diagnostik gerät hier sehr an die Grenzen. Vor der dritten Transfusion bin ich deshalb auch schon so weit gewesen, dass ich meinen Kater hätte gehen lassen. Denn jeder der sowas erlebt, weiß wie schlimm es auch für die Tiere ist und man die Hoffnung verliert, wenn über Wochen und trotz begonnener Therapie nichts zu helfen scheint. Mein Partner und ich hatten uns dann nur nach einer nochmaligen Beratung mit der Ärztin für eine weitere Behandlung entschieden, die sie aber nur angeraten hatte weil er noch so jung ist. Dass es aber alles so kam wie es kam war letztlich auch etwas Zufall und Glück. Keiner weiß, ob wir anders entschieden hätten, wenn wir in unsere Haustierarztpraxis gefahren wären und ob wir dort evtl eine ganz andere Empfehlung bekommen hätten. Wir haben in der ganzen Zeit auch ganz viel Erfahrungsberichte gelesen und wollten nichts unversucht lassen. Ich denke deshalb aber auch, dass ich mir keine Vorwürfe hätte machen können, wenn wir anders entschieden hätten, denn man tut immer alles und möglichst das Beste für seine Tiere, damit sie nicht leiden müssen. Und Fakt ist auch, dass man selbst leider kein erfahrener Arzt ist und man sich deshalb auf die Expertise der Tierärzte verlassen muss… Ich bin mir sicher, dass dein Kater bis zuletzt ein schönes Leben genießen durfte und ich bin mir auch sicher, dass Tiere merken, wenn man mit der ganzen Liebe, die man hat für sie bis zum Schluss da ist. Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Kraft den Verlust zu verarbeiten.
 
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Danke für deine liebe und einfühlsame Antwort! Einen Austausch wie diesen hätte ich so sehr gebraucht, als es akut mit meinem Alex war. Als ich nach seinem Tod über Erfahrungsberichte wie deine gelesen habe, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Das Gefühl, ihm evtl (im schlimmsten Fall Jahre) an Lebenszeit geraubt zu haben, wird mich wohl mein Leben lang dunkel begleiten. Aber in dem Moment der Krise kam ich gar nicht auf die Idee, Hilfe in zB so einem Forum zu suchen. Ich war so überfordert mit allem. Es ist genauso wie du sagst: man fühlt sich so ohnmächtig und ist kaum mehr in der Lage vernünftige Entscheidungen zu treffen, weil man so müde ist. Und man leidet einfach mit, kennt sich nicht aus usw.

Ich freue mich sehr, dass das Schicksal deines lieben Milo nun ein anderes ist als das von meinem alex und hoffe, dass viele Menschen deinen Beitrag lesen und kämpfen.

Das nachträgliche Gefühl von "zu früh" beim euthanansieren ist nämlich ähnlich schlimm wie das Gefühl bei einem "zu spät". Nachträglich fühlt man sich fast, als würden manche Tierärzte dazu tendieren sozusagen "vorsorglich" einschläfern, anstatt zu palliativer Begleitung bzw zum weiterkämpfen zu animieren. Mein Alex war erst 4 😪

Auf ganz viele weiter schöne momente und hoffentlich Jahre für deinen Milo💙
 
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