Tissot23
Erfahrener Benutzer
- Mitglied seit
- 13. Oktober 2016
- Beiträge
- 451
- Ort
- Rhön Grabfeld
Tierlieb, ja klar. Vernunft und Tierliebe….wie bekomme ich das unter einen Hut? Das war meine Frage, auf die ich dringend eine Antwort suchte.
Am Ende einer persönlichen Lebenskrise, die für mich einschneidende Veränderungen mit sich gebracht hatte, war in mir der Wunsch gewachsen, meine Tierliebe auszuleben.
Das Tierheim in unserer Region hat sein Jahren einen ausgesprochen guten Ruf. Meine Scheu, diesem Elend näherzutreten, schreckte mich zuerst davor ab.
Ein Vorurteil, wie sich herausstellte, denn die Hunde, Katzen und alle sonstigen Tiere, die dort noch aufgenommen werden, fühlen sich offensichtlich gar nicht so unwohl. Dazu später mehr.
So wagte ich diesen Schritt und betrat die Höhle des Löwen. Als bekennender Hundefreund wollte ich nur mal schauen, eventuell eine Runde Gassi gehen. Gelandet bin ich letztendlich in einem Katzenzimmer. Da hockte ich nun, inmitten dieser samtpfötigen Wesen, wurde beschmust oder feindselig beäugt. Unvoreingenommen, so wie ich dort war, musste ich mich weder anbiedern noch verbiegen.
Die Tierpfleger akzeptierten mein Dasein, ich fühlte mich sicher, kein bisschen bedrängt. Auch nicht an den folgenden Tagen – bei den Katzen drinnen und bei den Freigängern draußen. Am wohlsten fühlte ich mich jedoch im Katzenzimmer, dort saß ich, auf der Treppe zum Balkon.
Die Vergangenheit holte mich ein, trübe Gedanken kehrten wieder, Tränen flossen… Da nahm ich ein Schnurren wahr, eine Katze legte sich vertrauensvoll in meinen Schoß, sie hatte meine Nähe gesucht, fühlte sich bei mir sicher und geborgen.
In mir stieg ein Gefühl auf, das ich noch nicht deuten konnte. So vergingen die Tage. Die Pfleger gewöhnten sich daran, dass da ein Mensch hockt, der manchmal weint. Auch sie gewährten mir Raum und Zeit. Unterschiede zwischen Mensch und Tier? Nicht, wenn Gefühle eine Rolle spielen.
Mein nächster großer Schritt war die Frage: „Darf ich helfen?“ Das „na klar, gerne!“ löste bei mir große Erleichterung aus.
Dann mein erster „Patenhund“ – Plootsch – ein Pfleger vertraute ihn mir zum Gassi gehen an.
Dieser Plootsch, ein toller Kerl mit all seinen Vorzügen – sicher souverän, in sich ruhend, geduldig mit sich selbst und mit seinen Macken -, die ich selbst so gerne hätte. Ich konnte jede Menge von ihm lernen. Mit gemischten Gefühlen erfuhr, dass er an eine ältere Dame vermittelt worden war.
Was jetzt? Als „Ersatz“ durfte ich mich um einen kleinen krummbeinigen und wirklich rundlichen Dackelmischling kümmern. Oh ja, das Gegenteil von Plootsch. Mein erster Ausflug mit ihm war eine mittlere Katastrophe – für mich. Einmal kurz über die Straße – Geschäft erledigt, das war’s, Enzo geht nach Hause.
Ein Gespräch mit Pflegern – ok – Ratschläge eingeholt – ok – und jetzt hieß es hartnäckig bleiben – ok. Enzo soll abspecken, ich bin dabei, mit Feuereifer, auch für mich selbst. Ich dachte an Plootsch, seine Geduld und Ruhe holte ich mir ins Gedächtnis zurück – ok, weiter geht’s.
Aber der kleine dicke Enzo hatte auch seinen eigenen Dackelkopf. Die Frage schien zu sein, wer ist der mental Stärkere von uns Beiden? Wir schafften es, er und ich. Von Enzo lernte ich am Ball zu bleiben, Sturheit in Beharrlichkeit zu wandeln, kurz gesagt nicht aufzugeben. Der Kleine war übrigens erfolgreicher beim Gewicht verlieren als ich. Enzolino, so nannte ich ihn später, fand einen tollen Platz in einer Familie, die ihn bestimmt so liebt, wie ich.
Der Hund, den ich am meisten vermisse, ist Tina. Eine schwarze unscheinbare Hündin, die ihre letzte Lebenszeit im Tierheim verbrachte. Es fällt mir immer noch schwer über sie reden, weil es mich noch immer traurig macht. Es fällt mir immer noch schwer über sie zu sprechen ohne traurig zu werden. Sie war eine betagte Dame aus einfachen Verhältnissen. Wäre sie ein Mensch gewesen würde ich Tina mit einer lieben Oma vergleichen. Bescheiden, unauffällig, dankbar und voll Humor. Wissend, dass es auf ihr Ende zugeht und trotzdem zufrieden. Sie hat mein Herz berührt.
Patenhund Nummer drei und vier liebte ich gleichermaßen.
Sam, der goldfarbene riesig gewachsene Rüde. Trotz seines Alters war er ein Welpe geblieben.
Ball spielen und das Wasser waren seine Leidenschaften.
Die Nachricht, dass Sam nach gründlicher Untersuchung eingeschläfert worden war, denn er war beim Gassi gehen zusammen gebrochen und litt an einem Milztumor, stimmte mich zwar traurig, aber gleichzeitig wusste ich, er hatte in seinem Leben wirklich Spaß gehabt.
Prinz von Bacchus hieß Nummer vier.
Ein ins Alter gekommener Kerl und doch noch richtig Rüde. Fast taub mit Augen, die auch nicht mehr so richtig gut funktionierten und mit schlimmer Arthrose in seinen Gelenken. Gefunden worden war er, als nachts durch einen Fluss wollte, gefallen und nicht mehr hoch gekommen war.
Prinz hatte nie aufgegeben. Bis zu seinem Ende erledigte er seine Aufgaben: andere Hunde verbellen und Katzen in ihre Schranken verweisen, auch wenn es hie und da mal zwickte.
Prinz von Bacchus lag an einem Morgen in seinem Zimmer und konnte sich nicht mehr bewegen, auch er wurde nach einem erfüllten Leben über die Regenbogenbrücke geschickt.
Patenhund Nr. 5 hatte den Namen Cassy. Ich sah sie und dachte: mein Gott ein außerirdisches Wesen. Was fügt der Mensch in der Ausübung seiner Züchtermacht den Hunden bloß zu. In kürzester Zeit wickelte sich mich sozusagen um ihre plüschigen Pfoten und ich gab mich gerne meiner Zuneigung zu ihr und unserem gemeinsamen Schicksal hin. Für Cassy fand sich bereits nach einigen Monaten ein neues Königreich, in dem sie nun wie eine Prinzessin behandelt wird.
Die einzige Katze in meiner Liste der tierischen Lehrmeister war Pirat gewesen. Eine Persönlichkeit, die jeder Tierheimbesucher kannte. Denn Pirat war ein begeisterter Cafébesucher. Dort gewährte er jeden zweiten Sonntag im Monat persönliche Audienz. Nicht, dass er eitel oder eigen gewesen wäre. Nein, er war einfach nur er selbst. Chef und Zuchtmeister mancher jungen Katze beim ersten Hofgang. Zurechtweisung und dann gegenseitiges Putzen, gemeinschaftliches Kuscheln und in der Sonne dösen. Ich liebte es Pirat mit Rinderhackfleisch zu verwöhnen. Es war eine Freude zu sehen, wie viel doch in so eine kleine Katze passt. Aus 500 Gramm Hack wurden mit der Zeit zwei Kilogramm, denn alle anderen Katzen sollten ja nicht zu kurz kommen. In Absprache mit dem „katzeneigenen“ Personal war das Verwöhnprogramm auch genehmigt.
Heute mache ich noch immer meine Runde im Tierheim. Ich besuche alle meine Patentiere, die auf dem Tierfriedhof liegen. Pirat, gleich rechts an der Tür. Tina, an einem sonnigen Plätzchen und ganz in der Nähe Prinz von Bacchus. Prinz liegt am Zaun, der Kontrolle wegen – das hätte er geliebt. Sam wurde eingeäschert und ist bei Menschen, die sich auch intensiv um ihn gekümmert hatten.
Oft denke ich an meine „Lehrer“.
Plootsch – Ruhe und Gelassenheit,
Enzo – Beharrlichkeit,
Tina – Vertrauen, „Genieße die Rest-Zeit!“
Sam – „Bleib Kind!“
Prinz von Bacchus - Durchhaltevermögen ohne zu jammern oder „Halte durch – jammern hilft Dir nicht weiter!“
Cassy – manchmal Prinzessin sein dürfen
Pirat – „Vertrete deinen Standpunkt und sei nicht nachtragend!“
Es gibt in meinem Leben immer Patentiere, ob es Hunde, Katzen oder andere tierische Wesen sind. Ich hoffe nur, Andere denken auch so und werden nicht daran zweifeln, dass ihre „Investition“ Geld und/oder Zuwendung in Form von Vertrauen schaffen, körperliche Nähe geben oder einfach nur da sein, niemals umsonst ist. Denn ich kann jedem ehrlich und aus Erfahrung mitteilen – Tiere habe Seele, Tiere haben Charakter, Tiere haben Gefühle, sie sind hier unter uns und wir sollten versuchen sie zu verstehen, sie zu akzeptieren wie sie sind, und nicht versuchen sie nach unserem Vorbild zu verformen und menschlicher zu machen. Denn wir als Menschen sind bestimmt nicht das Ideal. Vielleicht nahe dran, aber wer bestimmt, was ideal ist?
Ich bin keine begabte Schreiberin. Meine Erfahrungen und Erlebnisse, die ich bisher im und mit den Bewohnern des Tierheims hatte, wünsche ich jeden Jedem.
Zu erleben wie Charaktere zu Tage treten. Hunde, die zurückhaltend sind, auftauen und mit Freude - nicht Angst - auf Menschen zugehen. Katzen, die innerlich zerrissen sind und sooo gerne gestreichelt werden möchten, aber nur ganz kurz um die Beine streichen. Tage später bemerken sie, da passiert nichts – es ist einfach nur cool. Wie Menschen, die mir fremd sind, zu Vertrauten werden. Eine Berufung zu finden ohne sich eingeengt oder auch nur bedrängt zu fühlen. Ich gebe was ich kann, mein Beitrag ist so klein, so unbedeutend und doch bekomme ich so unendlich viel zurück.
Ich lernte, dass jeder Mensch, jedes Wesen die Summe seiner Erfahrungen ist. Manchmal sollte man einfach nur da sein. Beobachten und lernen, ohne zu urteilen und dabei doch leise zu hinterfragen. Ich verdanke diesen Seelen so viel, mehr als diese Persönlichkeiten es je wissen werden. Meine Achtung vor Mensch und Tier wächst täglich und wird nie nachlassen.
Es wird aber auch immer Menschen geben, die mich zweifeln lassen, ob ich mit Rücksichtnahme, Vertrauen und vielleicht ein klein wenig Zuneigung, Vertrauen aufbauen kann, um sie ein wenig für mich einzunehmen oder auch nur um bei ihnen ein wenig menschlichen „Gutmensch“ erkennen zu lassen.
Mir fällt auf, dass „professionelle“ Tierschützer manchmal ein großes Defizit an menschlicher Empathie besitzen. Vielleicht liegt es an dem ihnen täglich vor Augen stehenden Elend, vielleicht auch an den an ihren zehrenden Bemühungen, immerfort gegen Dummheit, Bürokratie und Gleichgültigkeit anzukämpfen. Sie scheinen zu vergessen, dass auch das menschliche Gegenüber ebenso eine Seele hat, die mit den Widrigkeiten des Alltags zurechtkommen muss.
Weiter auf der Nächsten Seite!
Am Ende einer persönlichen Lebenskrise, die für mich einschneidende Veränderungen mit sich gebracht hatte, war in mir der Wunsch gewachsen, meine Tierliebe auszuleben.
Das Tierheim in unserer Region hat sein Jahren einen ausgesprochen guten Ruf. Meine Scheu, diesem Elend näherzutreten, schreckte mich zuerst davor ab.
Ein Vorurteil, wie sich herausstellte, denn die Hunde, Katzen und alle sonstigen Tiere, die dort noch aufgenommen werden, fühlen sich offensichtlich gar nicht so unwohl. Dazu später mehr.
So wagte ich diesen Schritt und betrat die Höhle des Löwen. Als bekennender Hundefreund wollte ich nur mal schauen, eventuell eine Runde Gassi gehen. Gelandet bin ich letztendlich in einem Katzenzimmer. Da hockte ich nun, inmitten dieser samtpfötigen Wesen, wurde beschmust oder feindselig beäugt. Unvoreingenommen, so wie ich dort war, musste ich mich weder anbiedern noch verbiegen.
Die Tierpfleger akzeptierten mein Dasein, ich fühlte mich sicher, kein bisschen bedrängt. Auch nicht an den folgenden Tagen – bei den Katzen drinnen und bei den Freigängern draußen. Am wohlsten fühlte ich mich jedoch im Katzenzimmer, dort saß ich, auf der Treppe zum Balkon.
Die Vergangenheit holte mich ein, trübe Gedanken kehrten wieder, Tränen flossen… Da nahm ich ein Schnurren wahr, eine Katze legte sich vertrauensvoll in meinen Schoß, sie hatte meine Nähe gesucht, fühlte sich bei mir sicher und geborgen.
In mir stieg ein Gefühl auf, das ich noch nicht deuten konnte. So vergingen die Tage. Die Pfleger gewöhnten sich daran, dass da ein Mensch hockt, der manchmal weint. Auch sie gewährten mir Raum und Zeit. Unterschiede zwischen Mensch und Tier? Nicht, wenn Gefühle eine Rolle spielen.
Mein nächster großer Schritt war die Frage: „Darf ich helfen?“ Das „na klar, gerne!“ löste bei mir große Erleichterung aus.
Dann mein erster „Patenhund“ – Plootsch – ein Pfleger vertraute ihn mir zum Gassi gehen an.
Dieser Plootsch, ein toller Kerl mit all seinen Vorzügen – sicher souverän, in sich ruhend, geduldig mit sich selbst und mit seinen Macken -, die ich selbst so gerne hätte. Ich konnte jede Menge von ihm lernen. Mit gemischten Gefühlen erfuhr, dass er an eine ältere Dame vermittelt worden war.
Was jetzt? Als „Ersatz“ durfte ich mich um einen kleinen krummbeinigen und wirklich rundlichen Dackelmischling kümmern. Oh ja, das Gegenteil von Plootsch. Mein erster Ausflug mit ihm war eine mittlere Katastrophe – für mich. Einmal kurz über die Straße – Geschäft erledigt, das war’s, Enzo geht nach Hause.
Ein Gespräch mit Pflegern – ok – Ratschläge eingeholt – ok – und jetzt hieß es hartnäckig bleiben – ok. Enzo soll abspecken, ich bin dabei, mit Feuereifer, auch für mich selbst. Ich dachte an Plootsch, seine Geduld und Ruhe holte ich mir ins Gedächtnis zurück – ok, weiter geht’s.
Aber der kleine dicke Enzo hatte auch seinen eigenen Dackelkopf. Die Frage schien zu sein, wer ist der mental Stärkere von uns Beiden? Wir schafften es, er und ich. Von Enzo lernte ich am Ball zu bleiben, Sturheit in Beharrlichkeit zu wandeln, kurz gesagt nicht aufzugeben. Der Kleine war übrigens erfolgreicher beim Gewicht verlieren als ich. Enzolino, so nannte ich ihn später, fand einen tollen Platz in einer Familie, die ihn bestimmt so liebt, wie ich.
Der Hund, den ich am meisten vermisse, ist Tina. Eine schwarze unscheinbare Hündin, die ihre letzte Lebenszeit im Tierheim verbrachte. Es fällt mir immer noch schwer über sie reden, weil es mich noch immer traurig macht. Es fällt mir immer noch schwer über sie zu sprechen ohne traurig zu werden. Sie war eine betagte Dame aus einfachen Verhältnissen. Wäre sie ein Mensch gewesen würde ich Tina mit einer lieben Oma vergleichen. Bescheiden, unauffällig, dankbar und voll Humor. Wissend, dass es auf ihr Ende zugeht und trotzdem zufrieden. Sie hat mein Herz berührt.
Patenhund Nummer drei und vier liebte ich gleichermaßen.
Sam, der goldfarbene riesig gewachsene Rüde. Trotz seines Alters war er ein Welpe geblieben.
Ball spielen und das Wasser waren seine Leidenschaften.
Die Nachricht, dass Sam nach gründlicher Untersuchung eingeschläfert worden war, denn er war beim Gassi gehen zusammen gebrochen und litt an einem Milztumor, stimmte mich zwar traurig, aber gleichzeitig wusste ich, er hatte in seinem Leben wirklich Spaß gehabt.
Prinz von Bacchus hieß Nummer vier.
Ein ins Alter gekommener Kerl und doch noch richtig Rüde. Fast taub mit Augen, die auch nicht mehr so richtig gut funktionierten und mit schlimmer Arthrose in seinen Gelenken. Gefunden worden war er, als nachts durch einen Fluss wollte, gefallen und nicht mehr hoch gekommen war.
Prinz hatte nie aufgegeben. Bis zu seinem Ende erledigte er seine Aufgaben: andere Hunde verbellen und Katzen in ihre Schranken verweisen, auch wenn es hie und da mal zwickte.
Prinz von Bacchus lag an einem Morgen in seinem Zimmer und konnte sich nicht mehr bewegen, auch er wurde nach einem erfüllten Leben über die Regenbogenbrücke geschickt.
Patenhund Nr. 5 hatte den Namen Cassy. Ich sah sie und dachte: mein Gott ein außerirdisches Wesen. Was fügt der Mensch in der Ausübung seiner Züchtermacht den Hunden bloß zu. In kürzester Zeit wickelte sich mich sozusagen um ihre plüschigen Pfoten und ich gab mich gerne meiner Zuneigung zu ihr und unserem gemeinsamen Schicksal hin. Für Cassy fand sich bereits nach einigen Monaten ein neues Königreich, in dem sie nun wie eine Prinzessin behandelt wird.
Die einzige Katze in meiner Liste der tierischen Lehrmeister war Pirat gewesen. Eine Persönlichkeit, die jeder Tierheimbesucher kannte. Denn Pirat war ein begeisterter Cafébesucher. Dort gewährte er jeden zweiten Sonntag im Monat persönliche Audienz. Nicht, dass er eitel oder eigen gewesen wäre. Nein, er war einfach nur er selbst. Chef und Zuchtmeister mancher jungen Katze beim ersten Hofgang. Zurechtweisung und dann gegenseitiges Putzen, gemeinschaftliches Kuscheln und in der Sonne dösen. Ich liebte es Pirat mit Rinderhackfleisch zu verwöhnen. Es war eine Freude zu sehen, wie viel doch in so eine kleine Katze passt. Aus 500 Gramm Hack wurden mit der Zeit zwei Kilogramm, denn alle anderen Katzen sollten ja nicht zu kurz kommen. In Absprache mit dem „katzeneigenen“ Personal war das Verwöhnprogramm auch genehmigt.
Heute mache ich noch immer meine Runde im Tierheim. Ich besuche alle meine Patentiere, die auf dem Tierfriedhof liegen. Pirat, gleich rechts an der Tür. Tina, an einem sonnigen Plätzchen und ganz in der Nähe Prinz von Bacchus. Prinz liegt am Zaun, der Kontrolle wegen – das hätte er geliebt. Sam wurde eingeäschert und ist bei Menschen, die sich auch intensiv um ihn gekümmert hatten.
Oft denke ich an meine „Lehrer“.
Plootsch – Ruhe und Gelassenheit,
Enzo – Beharrlichkeit,
Tina – Vertrauen, „Genieße die Rest-Zeit!“
Sam – „Bleib Kind!“
Prinz von Bacchus - Durchhaltevermögen ohne zu jammern oder „Halte durch – jammern hilft Dir nicht weiter!“
Cassy – manchmal Prinzessin sein dürfen
Pirat – „Vertrete deinen Standpunkt und sei nicht nachtragend!“
Es gibt in meinem Leben immer Patentiere, ob es Hunde, Katzen oder andere tierische Wesen sind. Ich hoffe nur, Andere denken auch so und werden nicht daran zweifeln, dass ihre „Investition“ Geld und/oder Zuwendung in Form von Vertrauen schaffen, körperliche Nähe geben oder einfach nur da sein, niemals umsonst ist. Denn ich kann jedem ehrlich und aus Erfahrung mitteilen – Tiere habe Seele, Tiere haben Charakter, Tiere haben Gefühle, sie sind hier unter uns und wir sollten versuchen sie zu verstehen, sie zu akzeptieren wie sie sind, und nicht versuchen sie nach unserem Vorbild zu verformen und menschlicher zu machen. Denn wir als Menschen sind bestimmt nicht das Ideal. Vielleicht nahe dran, aber wer bestimmt, was ideal ist?
Ich bin keine begabte Schreiberin. Meine Erfahrungen und Erlebnisse, die ich bisher im und mit den Bewohnern des Tierheims hatte, wünsche ich jeden Jedem.
Zu erleben wie Charaktere zu Tage treten. Hunde, die zurückhaltend sind, auftauen und mit Freude - nicht Angst - auf Menschen zugehen. Katzen, die innerlich zerrissen sind und sooo gerne gestreichelt werden möchten, aber nur ganz kurz um die Beine streichen. Tage später bemerken sie, da passiert nichts – es ist einfach nur cool. Wie Menschen, die mir fremd sind, zu Vertrauten werden. Eine Berufung zu finden ohne sich eingeengt oder auch nur bedrängt zu fühlen. Ich gebe was ich kann, mein Beitrag ist so klein, so unbedeutend und doch bekomme ich so unendlich viel zurück.
Ich lernte, dass jeder Mensch, jedes Wesen die Summe seiner Erfahrungen ist. Manchmal sollte man einfach nur da sein. Beobachten und lernen, ohne zu urteilen und dabei doch leise zu hinterfragen. Ich verdanke diesen Seelen so viel, mehr als diese Persönlichkeiten es je wissen werden. Meine Achtung vor Mensch und Tier wächst täglich und wird nie nachlassen.
Es wird aber auch immer Menschen geben, die mich zweifeln lassen, ob ich mit Rücksichtnahme, Vertrauen und vielleicht ein klein wenig Zuneigung, Vertrauen aufbauen kann, um sie ein wenig für mich einzunehmen oder auch nur um bei ihnen ein wenig menschlichen „Gutmensch“ erkennen zu lassen.
Mir fällt auf, dass „professionelle“ Tierschützer manchmal ein großes Defizit an menschlicher Empathie besitzen. Vielleicht liegt es an dem ihnen täglich vor Augen stehenden Elend, vielleicht auch an den an ihren zehrenden Bemühungen, immerfort gegen Dummheit, Bürokratie und Gleichgültigkeit anzukämpfen. Sie scheinen zu vergessen, dass auch das menschliche Gegenüber ebenso eine Seele hat, die mit den Widrigkeiten des Alltags zurechtkommen muss.
Weiter auf der Nächsten Seite!