Dawn M. Boothe ist übrigens emeritierte Professorin der Auburn University.
Ich weiß, daher weiß ich auch, dass sie über deutsche Rechtssituationen keine Aussagen machen kann.
Die Frage an sich ist weniger im juristischen Text zu beantworten, als ob der Arzt eine Klage, oder einfach nur "den Ärger" im Rahmen der evtl. vorgeworfenen Verletzung der tierärztlichen Sorgfaltspflicht riskieren möchte. Ich nehme an sowas hat nicht nur zeitliche, sondern auch monetäre Kosten (steigende Versicherungspreise).
Das Medikament selber ist verschreibungs- und apothekenpflichtig und wird im Rahmen der "tierärztlichen Verordnung" verabreicht (50 TAMG). Die beinhaltet nicht nur Dosierung und Dauer, sondern auch die Anwendungsform ("tierärztliche Behandlungsanweisung"). Die Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente braucht Behandlung und Kontrolle (der fehlenden Quellenangabe bitte nachsehen, es steht glaube ich irgendwo im TAMG).
Die Frage ist doch, dem Tier entstünde ein Schaden, wer haftet, wieso, und wie?
Das Tier ist vom Halter behandelt worden, aber nach tierärztlicher Verordnung und Behandlungsanweisung. Liegt hier ein Behandlungsfehler vor? Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht? Ist der Halter nachweislich korrekt aufgeklärt und eingewiesen worden? Muss die Injektion durch den Halter erfolgen? Wie risikobehaftet ist eine subkutane Injektion (speziell bei diesem Medikament)? Bei Insulin muss das Tier zweimal täglich gespritzt werden, bei Solensia einmal monatlich. Beim Insulin wäre das nicht wirtschaftlich, aber auch nicht im Sinne der Gesundheit des Tieres, wenn es so oft zum Tierarzt gebracht werden müsste. Was ist aber mit einmal monatlicher Injektion eines Schmerzmittels (die Behandlung selber ist kein lebensrettender oder - erhaltender Eingriff, die Injektion kann aber tötlich enden ohne Therapiemöglichkeit)? Das muss dann gerichtlich im Einzelfall geklärt werden.
Den Aufwand würde ich mir als Arzt sparen, oder sehr sorgfältig abwägen. Da ich von Tierärzten, aber auch einem Jurist, der einen Tierarzt vertreten hatte, weiß, wie komplex und auch seelisch belastend das für die Ärzte ist (nochmal, es ist gängige Praxis aus Angst vor Tierhaltern privat nicht auffindbar zu sein), wundert mich es nicht, wenn diverse Ärzte bei einem neuen, seit 2021 zugelassenem, nicht lebensnotwendigen Medikament mit potenziell tötlichem Ausgang bei Applikationsfehler das einfach ablehnen möchten.