Langzeitstudie Streuner-Kastration-Vermittlung

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Schön das es endlich schwarz auf weiss zu lesen ist was viele schon wussten.....leider wird das viele "Tierschützer"..*hust*.. nicht interessieren ..


https://www.facebook.com/menschentier/posts/546006238870990

Eine italienische Langzeit-Studie (2000-2013) weist darauf hin, dass weder Kastration noch Vermittlung die Streunerhund-Population reduziert

In einer aktuellen Langzeitstudie werden Daten über die Streunerpopulation einer italienischen Provinz aus den Jahren 2000 bis 2013 ausgewertet. Die bisher verfolgte Strategie mit umfassenden Kastrationsmaßnahmen (Einfangen-Kastrieren-Wiederausetzen oder Vermitteln) hat nicht zu einer Verringerung der Streuner-Population geführt, weil sie nur das Smyptom, aber nicht die Wurzel des Problems bekämpft. Statt der - auf Grund der Kastrationsmassnahmen zu erwartenden - Alterung der Population ist das Gegenteil festzustellen. Eine Strategie, die effektiv sein soll, muß zwingend bei den Hundehaltern vor Ort ansetzen.
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Maßnahmen zur Kontrolle von Streuner-Hunden in einer italienischen Provinz (2000-2013): Ist die bisher umgesetzte Strategie effektiv?

Zusammenfassung
In Italien werden Standards für das Management von Streunerhunden durch regionale Bestimmungen festgelegt, wodurch die Ansätze im ganzen Land stark variieren. Trotz der Bemühungen der zuständigen Behörden, gibt es Streunerhunde immer noch, was Auswirkungen auf die Tiergesundheit, den Tierschutz und die öffentlichen Kosten hat. Ein ähnliches Szenario ist auch in vielen anderen Landkreisen im mediteranen Raum oder im Balkan zu finden.

Hier präsentieren wir die Daten von 14 Jahren (2000-2013), geliefert vom Aufnahmeregister, des für das Einfangen von Streunerhunden zuständigen staatlichen Tierheims (PS = publik shelter) einer italienischen Provinz. Das Ziel dieser retrospektiven Studie war es, die lokale Population von Streunerhunden zu beschreiben, deren Herkunft zu identifizieren und die Wirksamkeit der von den lokalen Behörden durchgeführten Maßnahmen zu bewerten. Im untersuchten Zeitraum wurden 7475 Hunde im PS registriert.

Trotz eines intensiven Kastrationsplanes (mit durchschnittlich 381,7 Kastrationen** pro Jahr), verringerte sich die Gesamtzahl der Hunde die im PS aufgenommen wurden, über die Jahre hinweg nicht. Die Ergebnisse weisen auf mangelndes Verantwortungsbewusstsein der Halter hin, die ihre Hunde weder kastrieren noch kennzeichnen, intakte Tiere frei streunen lassen und damit unkontrollierte und unerwünschte Würfe produzieren.

Die aktuelle Strategie für das Management der Hundepopulation, die sowohl auf Unterbringung im Tierheim, als auch auf „Einfangen-Kastrieren-Aussetzen“-Programmen basiert, ist nicht effektiv genug, um das Streuner-Phänomen zu bewältigen. Aufklärungs- und Sterilisationsprogramme** sollten integraler Bestandteil eines erfolgreich umgesetzten Kontrollplans für Streunerhunde sein. Unsere Ergebnisse liefern zusätzlich Erkenntnisse über Populationsdynamik und Steuerungssysteme von Streunerhunden, sowie wichtige Schlussfolgerungen für die Versuche, in ganz Europa, im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten, das Streuner-Phänomen zu bewältigen.

Hintergrundinformationen
An Maßnahmen zum Management von Streunerhunden sind sowohl länderübergreifende Organisationen* (OIE und FAO) und die europäische Kommission, als auch örtliche Behörden beteiligt. Auf dem ersten OIE Seminar zum Management der Streunerhunde im Balkan berichteten z.B. 60 % der beteiligten Länder von einer Zunahme der Streuner-Population und alle bis auf zwei Länder zudem von Tollwut bei Wild- und Haustieren.

Das italienische Gesetz 281/1991 zum Schutz von Haustieren und Streunerhunden, fördert die Kennzeichnung, Registrierung und Fortpflanzungskontrolle von Hunden und soll streunende und ausgesetzte Tiere schützen. Obwohl 72 % der Halter von der Kennzeichnungspflicht ihres Hundes wissen, befolgt sie nur die Hälfte. Das Gesetz verbietet die Euthanasie von streunenden Tieren, soweit sie nicht schwer / unheilbar krank sind oder sich als gefährlich erwiesen haben. Das Gesetz bietet jedoch keine Standards für das Management der Streuner. ........................................

Die LVHU [Local Veterinary Health Unit] ist für das Einfangen, Management und die Kontrolle der Streunerhunde in den 46 Gemeinden der Provinz Pescara verantwortlich. Alle eingefangenen Tiere müssen für einen Gesundheitscheck in das örtliche, staatliche Tierheim (PS)aufgenommen werden. Solche Einrichtungen fungieren deshalb als epidemiologische Beobachtungsstellen und können systematisch wertvolle Informationen über die Struktur, Größe und die Eigenschaften der lokalen Streuner-Population liefern.

Die Provinz Pescara (>300.000 Einwohner) liegt in Zentral-Italien in der Region Abruzzen. Sie diente als Fallstudie, um die lokale Hundepopulationsdynamik zu analysieren, die Ursachen des Streunerproblems und die damit verbundenen Risikofaktoren zu identifizieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Streunende Hunde ohne Besitzer werden eingefangen, identifiziert, registriert, kastriert und normalerweise zur Vermittlung an Tierheime übergeben. Die regionalen Gesetze in den Abruzzen erlauben auch „Einfangen-Kastrieren-Wiederaussetzen“-Programme. Im Rahmen dieser Programme werden eingefangene Hunde identifiziert und, wenn sie kastriert und harmlos sind, d.h. in ihrem Lebensraum akzeptiert werden, als "community dogs“ registriert und ggf. kastriert in den ursprünglichen Lebensraum zurückgebracht und unterliegen dann der Verantwortung des Bürgermeisters der Gemeinde.
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Alle im PS aufgenommenen Hunde werden von den Amtstierärzten in einer elektronischen Datenbank erfasst. Für jeden Hund werden Geschlecht, Größe, Rasse, geschätztes Alter, Ort an dem der Hund eingefangen wurde, elektronische Identifikation, Reproduktions-Status, allgemeiner Gesundheitszustand, Aufenthaltsdauer (Tage) und das Ziel [Rückgabe an den Besitzer, Wiederaussetzung als „community dog“, Vermittlung, Euthanasie] registriert.

Von 2000-2013 wurden insgesamt 7.475, jährlich durchschnittlich 530,1 Hunde aufgenommen. In 54 Fällen wurde das Geschlecht nicht registriert. Von den verbleibenden 7.421 Hunden waren (71 %) Hündinnen, (29 %) Rüden. Die Population setzte sich aus (15 % > 26 kg) großen, (46 % 16-25 kg) mittleren und (39 % <15 kg) kleinen Hunden zusammen.

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Die Mehrheit der aufgenommenen Hunde (77 %) waren Mischlinge, d.h. keiner Rasse zuzuordnen. Im Schnitt werden jährlich 403 Mischlinge aufgenommen. Weitere 12 % waren Kreuzungen mit einem Erscheinungsbild, das klar einer Rasse zugeordnet werden konnte. 12 % waren reinrassig. Bei den reinrassigen Hunden waren Deutsche Schäferhunde (24.5 %), Abruzzen-Schäferhunde (18,9 %) am stärksten vertreten. Von Kreuzungen die einer Rasse zugeordnet werden konnten, waren (27,9 %) Schäferhund-Kreuzungen und (21,2 %) Abruzzen-Schäferhund-Kreuzungen.



Der größte Teil der aufgenommenen Hunde (67,3 %) waren erwachsene, gesunde Hunde. 12,8 % der aufgenommenen Hunde waren Welpen. Der Rest teilte sich auf in 6,7 % Hunde, die aggressives Verhalten zeigten oder bereits Menschen angegriffen hatten; 7,1 % verletzte Hunde; 5,2 % kranke Hunde, sowie 1 % misshandelte Hunde oder Hunde, die Nutz- oder andere Tiere gejagt hatten.

91 % waren Streuner unbekannter Herkunft, 9 % hatten Besitzer (ab hier „Familienhunde“ genannt) und waren weggelaufen oder durften sich frei bewegen. 7,9 % der Familienhunde kehrten zum Besitzer zurück. 50,8 % der Hunde ohne Besitzer wurden vermittelt. 32,3 % wurden als „community dogs“ in ihren ursprünglichen Lebensraum zurückgebracht und 8,9 % wurden euthanisiert oder starben. 0,1 % entkamen aus dem Tierheim.

Während der Prozentsatz der Hunde, der über die Jahre an die Besitzer zurückgegeben oder eingeschläfert wurde, ziemlich konstant blieb, nahm die Zahl der Tiere, die für die Vermittlung vorgesehen wurde, insbesondere ab 2006 deutlich zu, gleichzeitig reduzierte sich die Zahl der Hunde die in den ursprünglichen Lebensraum zurückgebracht wurde.

Bis 2002 wurde der Reproduktionsstatus nicht erfasst. Ab 2002 wurden 4.580 Kastrationen durchgeführt, davon 85,6 % bei Hündinnen. Von den aufgenommenen Hunden, waren nur 289 bereits kastriert. Nur 28 der 667 Familienhunde (4,2%) waren kastriert. Es wurde signifikant mehr kastrierte Hündinnen (85.7%), als kastrierte Rüden (14.3%) aufgenommen. Durchschnittlich werden jährlich 350 intakte Streunerhündinnen und 17 intakte Familienhündinnen aufgenommen. Die kastrierten Hunde waren außerdem signifikant älter (Durchschnitt: 5,9 Jahre) als die unkastrierten (Durchschnitt: 2 Jahre) Hunde.

Erfahrungsgemäß ist für das Eindämmen des Wachstums der Streunerpopulation eine Kastrationsrate von 70% erforderlich.
Eine zuverlässige Schätzung der aktuellen Streuner-Population in der Provinz Pescara fehlt, trotzdem gehen die Autoren davon aus, dass über den 12-Jahres-Zeitraum fast alle Streuner gefangen und kastriert wurden. Langzeit-Streuner-Programme wie in dieser Fallstudie, sollten zu weniger Nachwuchs und damit zu einer fortschreitenden Alterung der Population führen. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen jedoch das Gegenteil, nämlich eine Verjüngung der Population im Laufe der Jahre und einen hohen Anteil von jungen, ungefähr einjährigen Tieren. Bei den eingefangenen Hunden handelt es sich also um neue Hunde, die entweder auf der Straße geboren sind oder aus ausgesetzten, unerwünschten Würfen stammen. Dies und die konstant hohen Aufnahmezahlen des PS sind wichtige Symptome dafür, dass das Hundepopulation-Managementsystem nicht funktioniert.

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Quelle: "Free-roaming dogs control activities in one italian province (2000-2013): is the implemented approach effective?", Barnard, S. et al, Mac Vet Rev 2015; 38 (2), http://dx.doi.org/10.14432/j.macvetrev.2015.04.041
 
A

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Eine interessante Info, Nike, danke dafür!

Es ist schon deprimierend, dass wirklich eine durchgängige Kastrarate von 70% und mehr erforderlich ist, um die Tierschwemme wirklich sinnvoll einzudämmen!

Das ist aus meiner Sicht eine echte Herausforderung für den internationalen Tierschutz, aber auch letztlich in Deutschland! Und ich denke, dass Katzen letztlich eine durchschnittlich höhere Reproduktionsrate haben werden als Hunde, so dass da eine noch höhere durchgängige Kastrarate als die besagten 70% notwendig wäre!

Aber auf jeden Fall scheint ja die Einfangen-Kastrieren-Vermitteln-oder-Zurücksetzen-Strategie - wenngleich auf einem hohen Niveau! - schon der richtige Ansatz zu sein.

Verbunden mit der Belehrung und Information der Tierhalter, aber das ist wieder so eine never ending story..... egal, in welchem Land.... :reallysad:

LG
 
Trotzdem denke ich, dass Kastrationen helfen und zwar die Kastrationen auf der Strasse und gleichzeitig die Kastrationen der Tiere, die einen Besitzer haben, aber in südlichen Ländern häufig trotzdem draußen rumlaufen.
Auf lange Sicht vermute ich , dass folgende Bausteine wichtig sind.
Wenn ich es richtig gelesen habe sind auch einige Fehler in dieser Studie. Wieviele der kastrierten Hunde verblieben im Shelter, welche Dynamik zeigte sich in den verschiedenen Gruppen?

Aufklärung in Schulen und Kindergärten.
Kastrationen auf der Strasse
Kastrationen der Tiere der Bevölkerung
Vermittlung im Maße
 
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