Wenn man eine Katze mit Futter ernährt, welches auf natürliche Weise den Urin leicht ansäuert (nämlich durch schwefelhaltige Aminosäuren, Phospholipide und Phosphoproteine – also Fleisch und tierisches Fett, die Nahrung eines Fleischfressers) ist das Risiko der Übersäuerung geringer als bei Futterzusätzen, die den Urin ansäuern. Die basischen Eigenschaften des kohlenhydratreichen Trockenfutters führen dazu, dass der Urin 2 bis 3 mal so stark angesäuert werden muss wie bei Dosenfutter, was das Risiko für Störungen im Säuren-Basen-Haushalt und Nierenschäden entsprechend erhöht.
Eine weitere Folge von angesäuertem Urin kann die Bildung einer anderen Art von Harnstein sein. Während Struvit im sauren Urin aufgelöst wird, kann dieser saure Urin die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Kalziumoxalatsteinen erhöhen. Eine andauernde Fütterung mit stark ansäuerndem Futter führt zu einer Absenkung des im Urin gelösten Kalziums, woraufhin dieses Mineral plötzlich für die Bildung von Harnsteinen zur Verfügung steht. Nahrung mit wenig Magnesium kann dieses Problem noch verstärken, denn Magnesium im Urin behindert die Entstehung von Kalziumoxalat. Kalziumoxalatsteine bei Katzen kommen in den letzten Jahren immer häufiger vor, während die Anzahl der Erkrankungen an Struvitsteinen rückläufig ist. Man vermutet, dass dieser Trend unter anderem von der Verbreitung ansäuernden und magnesiumarmen Futters beeinflusst wird.
Frühere Studien berichteten, dass mehr als 95% der Harnsteine bei Katzen aus Struvit bestanden. Die Häufigkeit der Erkrankungen aufgrund dieses Harnsteintyps hat sich allerdings in den letzten zehn Jahren signifikant verändert, seit die ansäuernden, magnesiumarmen Futtersorten auf dem Markt sind. Eine 1981 durchgeführte Studie besagt, dass 78% der im Minnesota Urolith Center analysierten felinen Harnsteine aus Struvit bestanden, und nur 1% aus Kalziumoxalat. Bis zur Mitte der 90er Jahre war der Anteil an Struvitsteinen auf 43% gesunken, während der Anteil an Kalziumoxalatsteinen auf 43% gestiegen war. Struvitkristalle und daraus bestehende Harnsteine können durch Medikamente aufgelöst werden – Kalziumoxalat dagegen nicht, diese Steine erfordern oft eine operative Entfernung.
Eine Ansäuerung des Urins birgt auch die Gefahr der Toxizität. DI-Methionin verursacht bei Katzen hemolytische Anämie, Methemoglobinemie und Bildung von Heinz-Körpern (mikroskopisch sichtbare Verklumpungen des roten Blutfarbstoffs in den roten Blutkörperchen). DI-Methionin wird bei Trockenfutter häufig als Zusatz zur Urin-Ansäuerung verwendet. Weitere Risiken der chronischen Übersäuerung sind ein eventuell negativer Einfluss auf die Nierenfunktion und das Knochenwachstum. Der Kaliumgehalt in der Nahrung ist hierbei auch ein Faktor, denn eine chronische Übersäuerung des Stoffwechsels kann zu Kaliummangel führen, was wiederum Nierenprobleme zur Folge haben kann. Katzen, die mit einer ansäuernden, kaliumarmen Nahrung gefüttert werden, können an einem durch Kaliummangel verursachten Nierensyndrom erkranken. Futter mit geringem Kaliumgehalt und hohen Anteilen an ansäuernden Stoffen (z.B. DI-Methionin) kann zu einer chronischen Übersäuerung des Stoffwechsels führen und den Kaliumspiegel im Körper absenken. Zu wenig Kalium kann zu Nierenproblemen bis hin zum chronischen Nierenversagen führen, sowie zur einer krankhaft verstärkten Abgabe von Kalium über den Urin, was das Problem dann noch verschlimmert.
Trockene Nahrung ist für Katzen allgemein nicht attraktiv, da es nicht der natürlichen Futterkonsistenz entspricht. Um dem entgegenzuwirken werden Zusätze wie tierische Fette, Proteinhydrolysate, Fleischextrakte, Säuren und die Aminosäuren Alanin, Histidin, Prolin und Lysin verwendet. Diese Liste von Einweißbestandteilen und Säuren macht deutlich, warum tierische Aufschlussprodukte (Digest) als Zutat in fast allen Trockenfuttersorten vorkommen. Aufschlussprodukte sind biologisch stabile Stoffe, die durch Aufschlüsselung tierischen Gewebes entstehen. Sie werden mit Hilfe von Enzymen durch Hydrolyse aus tierischem Gewebe und Nebenprodukten hergestellt. Es entsteht eine dickflüssige Lösung aus Aminosäuren, Peptiden und Fettsäuren. Diese Aufschlussprodukte enthalten auch größere Mengen an Phosphorsäure, die hinzugegeben wird um den Aufschlüsselungsprozess zu stoppen und das Endprodukt haltbar zu machen. Das Digest wird auf die Trockenfutterbrocken aufgesprüht oder in den Teig gemischt und kann 4-10% der Gesamtmasse ausmachen. Durch die Zugabe von Digest wird das Futter im Vergleich zu Futter ohne diese Zugabe 2 bis 3 mal schmackhafter für die Katze. Ist die Phosphorsäure einmal im Katzenfutter, erhöht sie die Säureaufnahme durch die Katze. Wegen dieses Herstellungsverfahrens sollten Katzen, die mit handelsüblichem Fertigfutter gefüttert werden, eigentlich keine weiteren urin-ansäuernden Stoffe bekommen. Aber fast alle Trockenfuttersorten enthalten solche Stoffe, meist DI-Methionin. Eine andauernde Überversorgung mit Säuren führt zu einem Ungleichgewicht im Säuren-Basen-Haushalt des Körpers, Demineralisierung der Knochen, Bildung von Kalziumoxalatkristallen und möglicherweise zu Nierenschäden. Diese Überversorgung könnte also am steigenden Vorkommen von Kalziumoxalatsteinen und chronischem Nierenversagen bei Katzen mittleren Alters beteiligt sein.
Der einzige echte Vorteil von Trockenfutter für die Katze ist eine leichte Minderung der Zahnsteinbildung. Allerdings sind die Zähne der Katze typisch für Fleischfresser, also mehr zum Festhalten, Durchstechen und Zerreißen/Zerschneiden der Nahrung als zum Kauen gemacht. Trockenfutter wird zwar zerbissen, aber nicht wirklich gekaut. Das Kiefergelenk der Katze erlaubt es dem Unterkiefer nur, sich nach oben und unten zu bewegen, nicht aber eine laterale Kaubewegung.
Der Katze fehlen oben die ersten Prämolaren und im Unterkiefer die ersten und zweiten Prämolaren. Sie hat lediglich einen Backenzahn oben und unten auf jeder Seite. Beim Schließen des Mauls gleitet der obere Reißzahn am unteren Reißzahn entlang, was einen scherenartigen Schneidevorgang ergibt, aber keine Kaubewegung. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Vorzüge von Trockenfutter im Bezug auf die Zahnhygiene als überbewertet.
Es besteht schon lange der Glauben, dass eine Fütterung mit Trockenfutterbrocken für die Zähne von Hunden und Katzen besser ist als Dosenfutter. Man ging davon aus, dass Trockenfutter weniger Rückstände im Maul zurücklässt, die Bakterien einen Nährboden bieten könnten, und daher die Plaquebildung verringert würde. Trotzdem haben viele mit Trockenfutter ernährte Tiere starke Plaquebildung, Zahnstein und Erkrankungen des Zahnfleisches. Das liegt daran, dass die meisten Trockenfuttersorten zwar hart, aber auch spröde sind, so dass die Brocken beim Daraufbeißen ohne großen Widerstand zerbrechen, und somit kein besonderer Abriebeffekt am Zahn entsteht. Ein geringerer Anteil an Trockenfutter (nicht mehr als 25%) oder spezielle Leckerlis, die Zahnstein reduzieren sollen (nicht mehr als 10% des Gesamtkalorienbedarfs der Katze) sind wahrscheinlich völlig ausreichend um diesen kleinen positiven Effekt zu erzielen, ohne die Risiken, die eine komplette Ernährung mit Trockenfutter in sich birgt.
Quelle:
http://www.maxshouse.com/feline_nutrition.htm
Übersetzung aus dem Englischen: Myriam Schlößer
Deswegen !