Rühr mich nicht an!

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Semolina

Semolina

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29. September 2009
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Die meiste Zeit in diesem Forum verbringe ich mehr mit Lesen als mit Schreiben, aber jetzt würde ich gern mal meine sonderbare Lilly vorstellen und hören, was ihr von ihr haltet.

Lillys Geschichte: Lilly ist 2000 geboren und kam als Kitten zu einer älteren Frau. Wohnungshaltung, Einzelhaft. Im August 2005 starb die Halterin. Lilly kam ins Tierheim. Sie ließ sich damals schon von niemandem anfassen und musste in der Wohnung der Halterin mit der Katzenfalle eingefangen werden.

Im Januar 2006 musste ich einen meiner Kater einschläfern lassen. Meinen elf Jahre alten Munzel wollte ich wieder vergesellschaften und machte mich auf ins Tierheim. Meine Vorstellung: Da die Kater ständig Zoff miteinander gehabt hatten, sollte es diesmal eine Katze sein, die gut verträglich mit Artgenossen sein sollte, aber nicht allzu menschenbezogen, da Munzel sehr eifersüchtig war.

Tja ... und da saß Lilly. Eigentlich sollte ich mir einen alten Kater ansehen, aber während ich mich mit dem beschäftigte, ließ mich eine kleine Schildpattkatze nicht aus den Augen. Man hatte mich bereits gewarnt, ihr nicht zu nahe zu kommen; sie lasse sich nicht anfassen und teile schon mal Schläge aus, wenn man sich ihr nähere.

Lilly beobachtete mich eine ganze Weile sehr aufmerksam. Schließlich kletterte sie vorsichtig von ihrem Kratzbaum, gab dem Kater Köpfchen, machte dann einen langen Hals und schnupperte gaaaanz sachte an meinen Schuhen. Dabei warf sie mir so einen Blick zu ... na, so einen Blick eben. Ihr wisst schon. So einen Blick eben!:pink-heart:

Ich dackelte also ins Büro und fragte, ob ich nicht Lilly mitnehmen könnte. Eigentlich galt sie als unvermittelbar, aber dass sie von selbst auf mich zu gekommen war, wertete man als gutes Zeichen.

Lilly kam also zu mir. Die ersten Tage blieb sie, wie erwartet, unsichtbar. Eines Abends kam sie ins Wohnzimmer gehuscht und fing an zu spielen, als ob ich gar nicht da sei. Meinen Munzel knurrte sie anfangs an, aber dann begann sie doch, ihm Köpfchen zu geben und mit ihm zu kuscheln. Nach kurzer Zeit waren die beiden unzertrennlich.

Auch die anfängliche Ängstlichkeit legte sich schnell. Abends begrüßte Lilly mich als erste an der Tür. Sie schlief bei mir im Bett, rollte sich auf meinem Schoß zusammen, und wenn das Futter nicht schnell genug auf dem Teller war, hieb sie mir empört mit der Pfote auf den Fuß.

Munzel starb leider im November 2007 (HCM.) Ich holte wieder einen alten Kater aus dem Tierheim und bekam kurz darauf noch Susi dazu, ein sechzehnjähriges Notfellchen. Die beiden Senioren hatten leider nicht mehr sehr viel Zeit bei mir, beide starben kurz hintereinander 2009. Auch mit den beiden hat Lilly schnell Freundschaft geschlossen, ebenso mit Flori, der ihr derzeitiger "Lebenspartner" ist.

Aber sie ist jetzt schon ihr halbes Leben lang bei mir, und obwohl sie kein Problem hat, auf meinem Schoß zu liegen oder bei mir im Bett zu schlafen, darf ich sie immer noch nicht anfassen. Tierarztbesuche gehen nur mit Käscher. Spielen und ihr somit näher kommen lehnt sie auch ab; vor Spielzeugen wie Angel oder Federpuschel hat sie Angst. Leckerchen nimmt sie mir aus der Hand.

Sie ist schon ein bemerkenswertes Persönchen. Und ein kleines Mysterium. Habt ihr eine Idee, wie Katzen zu solchen Rührmichnichtans werden? Hat jemand ähnliche Erfahrungen?

LG,
Bianka
 
A

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hallo!

schön, dass du der kleinen eine chance gegeben hast :) und im grunde genommen ist doch alles recht gut. oder?

man kann ja nur spekulieren, aber nach langer zeit mit einer einzelnen person (und hier weiß man ja auch nicht, wieviel anfassen da möglich war?) ist der verlust der bezugsperson und der verlust des zuhauses schon traumatisch.

und dann wurde die kleine sicher gefangen, damit die nötigen unteruschungen, impfungen usw. gemacht werden können.

dann gibt es viele fremde menschen in so einem tierheim, die die katzen besuchen... all das kann sehr sehr prägend sein.

aber wie gesagt, dass ist nur eine mutmaßung
 
Ja, stimmt schon. Wie unsere kleinen Herzchen ihre merkwürdigen Angewohnheiten entwickeln, das bleibt wohl ihr Geheimnis ... mein Eindruck war auch immer der, dass Lillys Lebenswelt sehr eng umrissen war und dass sie einfach einen Knacks bekommen hat, als diese Welt zu Bruch ging. Es gab nur sie und die alte Frau, und plötzlich kamen Fremde und haben sie fort gebracht. Das hakt wohl in ihrem eigensinnigen Köpfchen.

Aber sie ist ein toller Charakter, und ich bin froh, dass sie mir eine Chance gegeben hat!;) Nur würde ich ihr manchmal gern den Stress ersparen, den sie hat, wenn sie den Käscher sieht.

Aber wer weiß, vielleicht kommt sie auch eines Tages ganz spontan zu dem Schluss, dass sie jetzt auch mal die Ohren gekrault haben will wie der Kater.
 
das ist gar nicht mal so absurd :verschmitzt:

meine laila brauchte 8 jahre - und es wird alles alles nach wie vor einfacher und besser.
 
Vielleicht ein Trauma?
Das kann von einer erzwungenen Scheraktion bis hin zu "härteren" Dingen (Mißhandlung, Unfall, Krankheit, häufiger TA), alles mögliche gewesen sein.

Reagiert sie nur auf die Hand oder darf man sie mit nichts berühren?
Kannst du sie z.B. bürsten?

Wenn sie auf dir oder im Bett liegt und du berührst sie, springt sie dann weg?

Darf man sie vielleicht an bestimmten Stellen anfassen und an anderen nicht (z.B. Rücken, seitlich)?

Sie ist ja keine junge Katze mehr und schon eine gute Weile bei dir. Ich denke, das wird sich auch nicht mehr geben. Vielleicht ein wenig mildern.

Aber ihr scheint ja beide ganz gut damit klarzukommen. :)
TA ist natürlich doof. :/
 
oh, was für eine schlimme geschichte . :(
 
Hallo Bianka,
Sie ist schon ein bemerkenswertes Persönchen. Und ein kleines Mysterium. Habt ihr eine Idee, wie Katzen zu solchen Rührmichnichtans werden?
deine Frage.

Die Antwort:
Lillys Geschichte: Lilly ist 2000 geboren und kam als Kitten zu einer älteren Frau. Wohnungshaltung, Einzelhaft. Im August 2005 starb die Halterin. Lilly kam ins Tierheim. Sie ließ sich damals schon von niemandem anfassen und musste in der Wohnung der Halterin mit der Katzenfalle eingefangen werden.

Was in den 5 Jahren bei der verstorbenen Halterin geschehen ist läßt sich nicht mehr auflösen, aber die ganze Geschichte so denke ich, hat Lilly so werden lassen wie sie ist.

Aber, sie versteht sich dennoch mit anderen und sie ist Dir zugetan.
Ist doch eine schönes Happy-End.


LG
 
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Oh Mann, wenn ich die Geschichten hier lese wird mir immer ganz anders... Wie man die Seelen dieser armen Fellknäule so misshandeln kann :(

Ihr habt meine Hochachtung, dass die lieben Tiere trozdem ein schönes zu Hause haben und sich wenigstens ein wenig erholen können!
So ich muss jetzt erstmal Kater kuscheln gehen...
 
Hallo Semolina,

ich hab auch so eine Faß-mich-nicht-an-Mieze da.

Anfangs war sie total panisch, verängstigt, hat sich verkrochen, vor Angst gebissen. Was sie früher mitgemacht hat, kann ich nicht genau sagen.

Mittlerweile liegt sie entspannt auf der "Stapelanlage" und schläft.

Hochheben und in den Kennel packen geht bei uns nur mit Tablette, wenn sie mal zum TA muss.

Ansonsten lässt sie sich mit ganz viel Geduld und Spucke nach über einem halben Jahr streicheln und entwickelt sich ganz langsam zu nem Kampfschmuser. Wenn es ihr zu viel wird, haut sie aber doch ab.

Das mit dem Käscher find ich ja total schlimm, wie verhält sie sich denn beim TA? Lässt sie sich da anfassen?

Vielleicht hilfts, wenn du sie an den Kennel gewöhnst? und es auf die ARt und Weise versuchst, die mal kurz hochzuheben, und dann aber nur ganz kurz und dann wieder abzusetzen.
 
  • #10
Hallo an alle,

es kamen doch noch einige Fragen.

@Gwion: Lilly geht in Abwehrhaltung, sobald ich mit der Hand auf sie zukomme oder mit etwas, das ich in der Hand halte (Bürste, Katzenangel.) Wenn sie zum Kuscheln kommt, ist meist auch der Kater da, und dann kann ich sie kurz streicheln; sobald sie aber merkt, dass die Berührung von mir kommt und nicht vom Kater, ist sie weg. Es ist auch egal, wo ich sie berühre. Es scheint mir auch weniger eine Angstreaktion als vielmehr ein: Das habe ich nicht erlaubt, Finger weg!

@betty: Lilly ist zu allem "Unglück" auch noch clever und lässt sich nicht übertölpeln. Der Kennel kann monatelang offen in der Wohnung stehen und mit den erlesensten Leckerchen bestückt sein, sie geht nicht rein. Als vor zwei Jahren ein Umzug anstand, habe ich mir beim TA ein Beruhigungsmittel geholt und drei Bällchen (Fisch, Hackfleisch, Käse) vorbereitet, die ich ihr unter "Ei feines Lecker so ein FEINES Lecker!" kredenzt habe. Sie hat alle drei der Reihe nach beschnuppert, mich mit einem todesverächtlichen Blick bedacht und ist davon marschiert. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie mir den Mittelfinger gezeigt. Es blieb wieder nur der Käscher.

Beim TA geht alles nur mit Sedation/Narkose. Im Kennel fällt sie in eine regelrechte Schockstarre, aber sobald sich Hände nähern, wird sie zur Furie.

Aber wenn ich Sturmtiefs Geschichte von Tiger lese: Gigisami und MinnaE haben schon recht - eigentlich haben Lilly und ich kein Problem. Ihr geht es gut. Tiger hatte nicht soviel Glück ...:(
 
  • #11
Hallo Semolina,

zu Deiner eigentlichen Frage kann ich leider auch nichts beitragen, was nicht schon geschrieben wurde.
Aber zur Katze-kann-nur-mit-Kescher-eingefangen-werden-Problematik könntest du mal noch einen Tipp von Balli versuchen:

http://haustierwir.blogspot.com/2011/11/katzen-und-kennels-wie-kriegt-man-sie.html

Ich bin auf jeden Fall froh, dass Lilly bei Dir so ein gutes zu Hause gefunden hat!

Seven
 
  • #12
Hallo Seven,

danke für den Link. Die "Hinterherlatsch-Methode" klingt gut. Einfach, aber effektiv. Das Kissen-Pinsel-Spiel habe ich grade mal probiert, aber da hat sie mich nur wieder nach dem Motto angeguckt: "Sag mal, denkst du, ich bin blöd?!" - und ist empört von dannen gerauscht.
 
  • #13
Hihi, den Blick kenne ich auch - wenn ich ein Spielangebot mache und sie keine Lust haben. Vor allem meine gute Mäusejägerin schaut dann manchmal so: "Denkst du eigentlich ich bin noch ein Kleinkind?" Aber wenn sie in Spiellaune ist, findet sie es klasse. Vielleicht war's ja nur der falsche Moment... :D
 
  • #14
Das mit Tiger ist ja fürchterlich, da kommen mir die Tränen, was jetzt gar nciht geht weil ich im Büro bin :(

Was das Fass-mich-nicht-an-Syndrom angeht, ich hatte auch so einen daheim, mittlerweile ist es viel besser, ich darf streicheln, knutschen, kraulen, ich darf aber nicht schmusen, auf den Schoss setzen. hochheben geht kurzzeitig, wird auch immer geübt, indem ich ihn durch die Wohnung schleppe. Ich habe das durch Clickern geübt, indem ich ihn mit Clickern für Anfassen belohnt habe, ich denke, das hat ihm gezeigt, dass Hände nix böses sind.

Allerdings glaube ich, das haut bei deiner Katze nicht hin. Aber ich habe mal beim Hundeprofi einen Trick gesehen, der es vielleicht wert wäre, ihn mal zu probieren. Da ging es um einen geprügelten Hund, der Angst vor Händen hatte, die von oben kommen. Also gabs Leckerchen, und die wurden immer weiter hinter gelegt, von den Fingerspitzen hin zur Handfläsche, gegeben wurden sie mit der flachen Hand. Wenn der Hund soweit war, dass er das Leckerchen von der Handfläche genommen hat, waren die Fingerspitzen unter seinem Kinn und dann wurde angefangen mit den Fingerspitzen das Kinn zu berühren und zu kraulen. So haben die Stück für Stück den Hund immer mehr berühren können und so würde ich das mit deiner Lilly auch evrsuchen. Vielleicht klappt es, vielleicht nicht, aber ein Versuch wärs mir persönlich wert, weil ich glaube mit der Methode kann man auch nix groß verbocken, sodass es Rückschritte geben könnte.
 
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  • #15
Aha! Auch im Büro im Katzenforum, wie? Ja, das sollte man nicht machen (man kann aber immer noch eine Bildschirmstrahlungs- und Kopierstaub-Allergie vortäuschen, um die quellenden Augen zu erklären.)

Jaaa ... Leckerchen zu geben habe ich natürlich auch versucht. Doch wozu hat Katz Pfoten? Mir wird alles allerliebst und zierlich aus der Hand geangelt. Manchmal komme ich mir neben Lilly vor wie eine primitive Lebensform: Egal welche cleveren Tricks ich probiere, Madame ist cleverer. Ob ich mir mal die Hände mit Leberwurst eincreme ...? Warum nicht, man macht sich doch gern zum Deppen.

An dieser Stelle nochmal Respekt an Valentin. Es ist schlimm zu wissen, wie viele Idioten auf der Welt rumlaufen, die es überhaupt nicht berührt, wenn ein Tier Angst und Schmerzen empfindet. Umso tröstlicher zu hören, dass es auch noch die Freundlichen und Sensiblen gibt, denen es gelingt, dann doch wieder Vertrauen aufzubauen.

Bin weg, muss wenigstens das anfassbare Katertier mal eben stellvertreterknuddeln ...
 

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