Flöckchen I. und das SpukbĂŒgeleisen
(Zweite Chronik aus Flöckchenstein)
Es war einige Tage nach der groĂen Sockenschlacht, als wieder etwas Seltsames geschah. Das Wetter war so still, dass selbst der Wind sich zu langweilen schien. Der Fernseher brummte leise vor sich hin, als hĂ€tte er seine eigene Meinung, aber niemand hörte hin. Der WĂ€schekorb war wieder an Ort und Stelle â leer diesmal, besiegt. Und doch... war da etwas in der Luft.
Etwas HeiĂes.
Etwas... Knisterndes.
Flöckchen, die Erste, saĂ auf dem RĂŒcken der Couch wie eine Löwin auf einem Felsen. Ihre Ohren zuckten leicht. Sie hatte es gehört. Ein Pling. Kein gewöhnliches Pling â nicht das von Mikrowellen oder TĂŒrglocken. Es war ein metallisches, auflauerndes Pling. Das GerĂ€usch eines uralten Feindes.
Das GerĂ€usch eines BĂŒgeleisens.
Der Ruf kam aus der WaschkĂŒche â jenem Teil des Königreichs, den selbst die mutigsten FelltrĂ€ger selten betraten. Dort, zwischen Waschmittelbergen und dem gefĂ€hrlichen Land der Schleuderzyklen, stand das SpukbĂŒgeleisen. Verstaubt. Vergessen. Bis jetzt.
Niemand wusste, woher es wirklich kam. Manche sagten, es stamme aus einem alten Hochzeitsgeschenk, das nie eingelöst wurde. Andere behaupteten, es sei ein Relikt aus der Ăra der GroĂmutter, wo alles gebĂŒgelt wurde â sogar Socken. Doch Flöckchen wusste es besser.
Sie wusste: Es war wach.
Also erhob sie sich, wie nur eine Katze mit königlicher Verantwortung es kann. Lautlos, ein weiĂer Schatten im Zwielicht der Nachmittagssonne, glitt sie den Flur entlang. Das Pling kam erneut. NĂ€her. Lauernder.
Als sie die WaschkĂŒche betrat, stand es schon da:
Das BĂŒgeleisen.
Es schwebte leicht ĂŒber dem BĂŒgelbrett. Ein GlĂŒhen durchzog sein Kabel. Dampf zischte aus seinen Poren wie der Atem eines Drachen. Die Temperatur war höllisch. Die Gefahr war real.
âKönigin Flöckchen...â knisterte das Eisen, âdu hast die Socken besiegt, doch ich... ich glĂ€tte ganze Generationen.â
Flöckchen kniff die Augen zusammen. Sie kannte die Geschichten. Von verschwundenen KissenhĂŒllen, verbogenen Katzenhaaren und verschwitzten Menschen, die Dinge âschnell noch bĂŒgelnâ wollten. Es war keine Maschine. Es war ein Fluch.
Ein alter Streit begann von Neuem â nicht um Macht, sondern um Faltenfreiheit.
Die Schlacht war seltsam. Anders. Kein Fauchen. Kein Sprung. Stattdessen: Taktik. Flöckchen sprang auf das Regal, warf gezielt ein TĂŒtchen TrocknertĂŒcher, lieĂ ein Waschmittelglas klirren, nutzte die Reflexionen auf dem Wasserkocher, um das BĂŒgeleisen zu blenden. Ein eleganter Satz brachte sie auf das Kabel. Sie biss zu â nicht brutal, sondern gezielt. MajestĂ€tisch.
Das BĂŒgeleisen zischte. Flackerte. GlĂŒhte noch einmal gefĂ€hrlich auf â
und dann: Plopp.
Der Stecker flog aus der Steckdose.
Stille.
Nur Flöckchens Atem. GleichmĂ€Ăig. Wie der Takt eines Uhrwerks, das nie versagt.
Sie war nicht einfach eine Katze.
Sie war die Ordnung inmitten der HaushaltsgerÀte.
Die letzte Bastion gegen die RĂŒckkehr der 90er-Jahre-WĂ€schedĂ€monen.
Als die Menschen spĂ€ter das BĂŒgeleisen fanden â verdreht, verkantet, völlig harmlos â dachten sie, es sei vom Brett gefallen. Ein Unfall, sagten sie. Zufall. Aber Flöckchen wusste es besser.
Sie sprang auf das Fensterbrett, betrachtete ihr Reich, und seufzte leise. Nicht aus MĂŒdigkeit â sondern aus dem Wissen, dass der Frieden trĂŒgerisch war. Denn wo Sockenschurken und SpukbĂŒgeleisen lauerten, da war der nĂ€chste Angriff nie fern.
---
Und so ging wieder ein Tag zu Ende im Reich von Flöckchenstein.
Mit aufgerichtetem Schweif und leicht funkelndem Blick.
Denn Flöckchen schlief vielleicht.
Aber nur zum Schein.
Ende.