ganz allg. Fragen. Wenn jemand die Muse hat, wäre nett...

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Galoppi

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Hallöchen allerseits!

Ganz vorweg: Ich hab von der Katzenzucht ansich überhaupt keine Ahnung. "Zuchttechnisch" kenne ich mich nur mit Pferden aus. Trotzdem (oder gerade deshalb) interessieren mich schon ein paar Sachen (man kommt ja auch beim Lesen hier im Forum zum Teil gar nicht daran vorbei, sich damit auch mal zu beschäftigen).

Wäre nett, wenn jemand sich die Zeit nehmen würde, mir da ein paar Sachen zu erklären.

1. Was ich immer wieder lese: Die Inzucht-Problematik.

Warum ist das so? Ich habe spaßhalber mal ein paar Stammbäume angesehen, die hier so verlinkt sind und mit Erstaunen festgestellt, daß da Halbgeschwister, Onkel und Tanten miteinander verpaart werden (da ist jeder mit jedem irgendwie verwandt :D ). Gibt es so wenig Tiere einer Rasse, die zuchttauglich sind? oder liegt es daran, das Kater X zwar im Verband X anerkannt ist, aber im Verband Y nicht zur Zucht verwendet werden darf. Quasi, daß durch die geringe Zusammenarbeit der Verbände untereinander eine Erweiterung des Gen-Pools mit "frischem Blut" deutlich erschwert wird?

Um in der Pferdezucht die Inzucht möglichst zu vermeiden (da ist vielleicht mal ein Ur-Ur-Ur-Großvater im Stammbaum doppelt zu finden), gibt es vor allem für sehr kleine Bestände (zB. der Rottaler) das sog. "offene Zuchtbuch". Hengste anderer Rassen, die aber dennoch dem Zuchtziel entsprechen, haben dann durch eine entsprechende Vorstellung und einen Eignungstest die Möglichkeit, ins Hengstbuch aufgenommen zu werden. Müssen aber in einem anderen Verband auch schon Deckhengst gewesen sein (also nix ist mit "Wald-und-Wiesen-Mix" mutiert zum Deckhengst).
Ist der Gen-Pool nach ansicht des Zuchtverbandes groß genug, wird das Zuchtbuch "geschlossen", d. h. es darf kein weiteres Fremdblut mehr eingekreuzt werden.

Warum kann diese Vorgehensweise nicht auch auf die Katzen angewendet werden?
Womit wir zur zweiten Frage kommen:

2. Definition der allgemeinen die Zuchtziele

Beim Pferd bedeutet "Zuchtziel": Das Pferd muß charakterlich und körperlich bestimmte Eigenschaften besitzen (nicht mehr und nicht weniger, wobei leider erst in den letzten 10 Jahren der Charakter tatsächlich mehr und mehr in den Fokus geraten ist, nachdem man Jahrelang zwar hochbegabte Sportpferde gezüchtet hat, die aber dummerweise kaum händelbar waren, aber das nur am Rande). Deshalb ist es in der Pferdezucht relativ einfach, ein Pferd "neu" dazu zubekommen: Bei den meisten Verbänden reichen 3 Generationen in den Papieren aus; die Zuchtbücher sind meist in drei "Kategorien" eingeteilt, so daß auch Mixe mit einem Elternteil ohne Abstammungsnachweis eingetragen werden können, wenn ein entsprechender Deckschein vorlag, das Pferd den Eignungstest besteht und somit das Zuchtziel erreicht.

Wie wird dieser Punkt bei den Katzen behandelt?

3. Züchter, Vermehrer, Rassekatze, Rassemix - wo liegt der Unterschied (grob umrissen).

Zunächst die Sache mit dem Rassemix: Oft lese ich hier, daß Halter - ihrer Meinung nach - eindeutig zB. eine Perserkatze haben, weil die Elterntiere entsprechende Papiere haben, das Kitten aber nicht. Als Antwort lese ich dann häufig, daß diese Katze von den anderen Foris als Rassemix bezeichnet wird (einer hat es irgendwo klar auf den Punkt gebracht: Keine Papiere: Keine Rassekatze = Rassemix).
Bei der Pferdezucht ist es aber sogar üblich, eine bestimmte Rasse ohne Papiere zu besitzen (Beide Eltern sind zB. eingetragene Haflinger mit Papieren, dann ist das Fohlen auch ein Haflinger - auch ohne Papier. Hafi ist Hafi. Punkt :D ). Das liegt daran, daß bei einem Fohlen oft schon sehr früh klar wird, daß es sich zur Zucht nicht eignet. Die Eintragung in das Zuchtbuch, und damit die Verbandschau, der Brand und letzlich auch das Ausstellen des Papiers sind "überflüssige" Kosten, denn das Fohlen wird beim Verkauf sowieso keinen nennenswerten Preis erzielen. Das Fohlen bekommt dann lediglich eine Geburtsbescheinigung (wenn überhaupt). Auf der anderen Seite stehen aber gerade für DIESE Fohlen auch genügend Abnehmer bereit (der sogenannte Freizeit- und Breitensportbereich). Unter Reitern gibt es ein schönes Sprichwort: Auf Papieren kann man nicht reiten! Das bedeutet nix anderes, als das ein großer Teil der Reiter sein Pferd nicht für den Turniereinsatz "benutzen" will und daher auch nicht auf das Papier angewiesen ist. Somit kommt er günstiger an ein - für ihn - absolut passendes Pferd zu einem erschwinglichen Preis, ohne dabei den Wunsch nach einer bestimmten Rasse aufgeben zu müssen. DAS würde ich als "Liebhabertier" bezeichnen.

Warum ist das in der Katzenzucht scheinbar nicht möglich (also eine katze einer bestimmten Rasse zu besitzen, die tatsächlich kein Zuchtpapier hat)?

Dann das scheinbar ewige Dilemma mit dem Begriff Züchter und Vermehrer.
Aus meiner (pferdesportlichen) Sicht ist ein Züchter zunächst mal jemand, der mit der Verpaarung einen Einfluß auf bestimmte Eigenschaften eines Tieres nehmen will, also grundsätzlich ein Ziel bei der Verpaarung hat (das die dafür verwendeten Elterntiere frei von entsprechenden Krankheiten und "Fehlern" sein sollten, steht außer Zweifel (körperlich, genetisch und mental). Nur mit gesunden Tieren bekommt man auch ein gesundes "Ergebnis"). Nun ist in der Pferdezucht aufgrund des hohen Gen-Pools das Thema Erbkrankheiten bei weiten nicht so verbreitet, wie in der Katzenzucht. Das muß ich zugeben. Desweiteren ist die Reproduktionsrate im Verhältnis zu den Katzen relativ gering (max. ein Fohlen pro Stute/Jahr). Grunsätzlich spielt deshalb in der Pferdezucht meiner Meinung nach die Verbandszugehörigkeit zunächst mal eine untergeordnete Rolle.
Denn in der Pferdezucht ist auch jener als Züchter anzusehen, der gezielt zum Beispiel für den "Eigenbedarf" züchtet (ein Ponyhof beispielsweise, der ganz bestimmte Stuten decken läßt, um den Bestand seiner Pferde nachhaltig zu erhalten bzw. zu ersetzen/auszubauen mit Pferden, die genau diese gewünschten Eigenschaften entsprechen).

Vermehrer in der Pferdezucht sind eher als solche zu definieren, die planlos irgendeinen Hengst zu irgendeiner Stute schicken, aus welchen Gründen auch immer ("ich wollte halt mal ein Fohlen von meiner Stute haben....", "...wenn wir jedes Jahr ein Fohlen auf der Koppel haben, kommen mehr Touristen...", "...ich kann die Stute nicht mehr reiten, aber die Fohlen lassen sich wenigstens verkaufen!"...etc.). Diese Anpaarungen würde ich auch in der Katzenzucht als vermehren bezeichnen. Bei Verpaarungen mit einem vorgegebenen Zuchtziel sehe ich das aber bisher anders (so wie bei den Pferden).

Wobei ich insgesamt zugeben muß, daß es bei den Katzen etwas schwer ist, auf einen bestimmten "Nutzen" hin zu züchten, da die Katzenhaltung bei weitem nicht zu facettenreich ist, wie die der Pferde. Katzen sind halt nur "zum Anschauen" da, Pferde haben meist einen Nutzen...

Womit wir nun endlich zu Punkt 4 und damit zum Schluß meiner Fragerei kommen:

4. Die Entstehung neuer Rassen

Klar, es dauert Jahrzehnte, oder noch länger, bis eine neue Rasse als solche "verbandstechnisch" anerkannt wird. Aber dem geht doch vorraus, daß jemand irgendwann angefangen hat, gezielt zwei oder mehr tiere zu verpaaren und dabei natürlich nicht auf die Verbandsvorgaben rücksicht genommen hat (sonst wäre es ja keine neue Rasse).
In der Pferdezucht ist hier das klassische Beispiel der "Barock-Pinto": Friesenpferde (sind den meisten ja ein Begriff) gab es nur in Schwarz. Alles andere war nicht "rassetypisch" und von daher vom Verband nicht anerkannt. Also fing man an, eingetragene Friesenstuten "privat" (also ohne Verband - und damit ohne Papier!) mit Pintohengsten zu kreuzen. Hinzu gab man noch einen Schuß Irish Tinker, um die richtigen Proportionen zu bekommen. Man hatte also ein klares Zuchtziel (einen "bunten" Friesen), mußte aber für die Anerkennung dieses Zuchtprogramms erstmal "wild" züchten (und damit in euren Augen, soweit ich das verstanden habe, vermehren).

Wie kommt nun ein neues Zuchtziel bei den Katzen in den Genuß, als Rassekatze anerkannt zu werden, wenn nicht ebenfalls durch die gezielte, jedoch "wilde" Verpaarung bereits vorhandender Exemplare?

So.
Roman beendet, bitte nehmt mir die ausgedehnte Länge nicht übel. Würde mich über ernstgemeinte Beantwortungen meiner Fragen wirklich freuen.

LG
Galoppi
 
A

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Mir scheint, du möchtest Äpfel mit Birnen vergleichen.

Du sagst schon ganz richtig, Pferde werden zu einem bestimmten Nutzen gezüchtet, Katzen nur zum "Anschauen". Darüber hinaus brauchen Katzen weitaus weniger Platz als Pferde, heißt also, wer Pferde züchten will, der muss schon irgendwie auf einem Bauernhof oder auf einem Pferdehof leben und/oder arbeiten, das heißt meistens, er ist mit dem Wesen, den Bedürfnissen der Tiere und vor allem der Reiter vertraut und weiß, was gewünscht ist als "Zuchtziel". Kaum jemand (klar, überall gibts schwarze Schafe) würde leichtfertig Pferde vermehren, denn Pferde sind teuer und "schlechte" Tiere (d.h. Pferde, die nicht nach irgendeinem Zuchtziel gehen) können kaum verkauft werden.

Das ist bei Katzen anders, du kannst dir ein Pärchen zu Hause halten, die po**en passen und schon hast du kleine süße Katzenbabies, die sich prima verkaufen lassen, denn jeder liebt kleine süße Katzenbabies und die lassen sich prima in jeder Wohnung halten. Genau das sollte allerdings unterbunden werden...

Meine laienhafte Meinung dazu :oops:
 
So, da mein ellenlanger Text, den ich eben geschrieben habe, einer Forums-Fehlermeldung zum Opfer gefallen ist und ich gerade keine Lust, das noch mal zu schreiben, ein Link zur Info:

http://pawpeds.com/pawacademy/beginnerscorner/breedingalitter/index_de.html

Auch wenn da wahrscheinlich nicht auf die Züchter/Vermehrer-Problematik eingegangen wird.


Mein schöner Text, blödes Forum.... *zeter zeter*
 
Danke für die Links. Beide sind wirklich sehr aufschlußreich und haben mir bei weitem sogar mehr Fragen beantwortet, die ich so noch gar nicht gestellt hatte.

Das einzige, was mir noch nicht beantwortet werden konnte, ist die Sache, in wie weit nun der Verband/die Verbände tatsächlich eine Rolle spielen.

Wenn mir dazu auch noch jemand etwas sagen könnte, vielleicht auch ebenfalls mit einem entsprechend Link, wäre das wirklich super.

LG
Galoppi
 
Ohne dass ich ein Insider wäre, denke ich, dass es im Bereich Katzenzucht einfach so ist, dass alles völlig dezentral ist, d.h. jeder kann einfach seinen eigenen Zuchtverein/-verband mit seinen eigenen, ihm genehmen Vorschriften gründen und dann fleißig Stammbäume ausgeben.

Das ist zwar prinzipiell (rein juristisch) bei den Hunden z.B. auch so. Dennoch wird es dort ein Zuchtverband, der weder vom "Zentralverband" VDH noch vom internationalen Verband FCI anerkannt ist, sehr sehr schwer haben, jedenfalls schwerer als ein Katzenzüchterverein, den ich Dir morgen einfach mal so eben gründe.

Außerdem sind natürlich Pferde und auch Hunde schon immer viel mehr "Gebrauchstiere" als Katzen. Von daher spielt dort m.E. eben auch die Selektion auf Fähigkeiten und Charakter eine viel größere Rolle als bei Katzen, die man eben v.a. "zum Spaß" hält - und der definiert sich da eher an Äußerlichkeiten als an Gesundheit und Wesen.
 
Hallo,
ich würde mal sagen, dass die Vielfalt deutscher Katzenvereine einfach historische Gründe hat. In unseren Nachbarländern ist das zum Teil ganz anders. Z.B. in Dänemark oder der Schweiz spielen nur Fife-Vereine eine Rolle.
 
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Ja, das glaub ich gerne. Ich kannte bis vor einiger Zeit nur das Hundezuchtwesen und war sehr erstaunt, dass bzgl. Katzenzucht Google nicht in der Lage war, einen zentralen, führenden Verband auszuwerfen.

Ich denke, hier kann sehr unkontrolliert jeder ohne weiteres sein eigenes Süppchen kochen auf dem Boden des Vereinsrechts.

Btw.: Traumhafte Katze, Dein Avatar!
 
Es gibt aber einige übergeordnete Verbände, die bekanntesten wäre da wohl die TICA und der FIFé.
Doof ist natürlich, das jeder dieser großen Verbände andere Rassestandards führt (führen kann), d.h. eine Rasse oder Farbe kann von einem Verein anerkannt werden, von dem anderen eben nicht.

Schön wäre es, wenn sich ein Züchter zu Wort melden würde, der da mehr als nur Halbwissen hat...
 

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