Nochmal: Eine Bindehautentzündung kann durch DREI Primärerreger ausgelöst werden - welcher in Frage kommt, sieht man NICHT durch bloßes Draufschauen!
Herpesviren, Chlamydien und Mykoplasmen kommen in Frage - jeder vernünftige Tierarzt bzw. jeder Augenfachtierarzt, bei dem ich bisher war, gibt sowohl ein lokales Virostatikum als auch ein lokales Antibiotikum. Einen Abstrich KANN man machen lassen, muss man aber nicht unbedingt, weil die Reihe der Verdächtigen, siehe oben, gering ist. Im Falle von einer rein viralen Infektion gibt man ohnehin BEIDE Präparate, im Falle einer gemischten auch. Im Falle einer rein bakteriellen Infektion hat man das lokales Virostatikum umsonst gegeben - 17 Euro "kaputt".
Der Schnupfen ist DRINGEND behandlungsbedürftig - genauso wie die Augen. Da reicht nicht mal eben ein bisschen inhalieren, die leichten antibakteriellen Eigenschaften von Salbei und Thymian sind nicht genug, erst recht nicht bei einem Kitten ohne Grundimmunisierung, abgeschlossener!
Bei Schnupfen mit viraler Beteiligung sollte bitte Cortison um jeden Preis vermieden werden, da sich die Viren sehr über diese Unterstützung freuen und wilde Partys feiern! Cortison unterdrückt das Immunsystem und damit die einzige Möglichkeit zur Gegenwehr, die der Körper gegen die Viren hat.
Du solltest daher auch beim TA-Besuch deutlich machen, dass du genau wissen willst, was der Doc spritzt und dass er dies nicht ohne deine Einwilligung machen darf.
Mit meinem Sternchen Nine (Caliciopfer) saß ich bei einem schweren Schub einmal beim TA und musste eine geschlagene Viertelstunde mit der diensthabenden TÄin diskutieren, dass das Cortison, das sie spritzen wollte, für Nine absolut kontraindiziert sei, weil sie einen Calicischub hätte und Zylexis benötige. Erst als ich der Frau die Verwendung von Cortison ausdrücklich verboten und das hässliche Wort vom Schadensersatz in meinen Wortschwall eingebunden hatte, legte sie die Spritze widerwillig zur Seite und gab Nine eine Zylexisinjektion. Hallo? 😱
Cortison hat u. U. im Rahmen von bakteriellen Infektionen seine Berechtigung, da es auch entzündungshemmende Wirkungen hat. Von daher wird es von TÄen auch bei Atemwegsinfektionen gern gegeben, da sich kurzfristig ein schneller (vorübergehender) Erfolg einstellt. Und leider belassen es etliche Katzenhalter mangels besserer Kenntnis dabei.
Aber es ist bei viraler Schnupfenursache leider nur ein bisschen Wischiwaschi-Herumdoktern, während die Viren im Hintergrund wüten und das Katz massiv schädigen können.
Auch Convenia (das Langzeitantibiotikum, das gern gespritzt wird) kann so ein Behandlungsaktionismus sein. Soweit mir bekannt ist, ist es für bakterielle Katzenschnupfenerreger nicht ausdrücklich indiziert, sondern wohl eher für Infektionen im Bauchraum (bitte korrigieren, falls ich nicht richtig liege!). Bei Nine half hinsichtlich der Sekundärinfektionen, die sich auf die Virusbelastung setzten, gut Synulox, und bei Mykoplasmen (wichtiger bakterieller Katzenschnupfenerreger) ist Doxyciclin das AB der Wahl (Achtung: Altersgrenze bei Kitten beachten!).
Ich unterstreiche Nickers Posting, allerdings muss ich ein, zwei Sachen ergänzen
🙂
Cortison ist generell bei felinen Atemwegserkrankungen, AUCH BAKTERIELLER NATUR, kontraindiziert - akute Notfälle einmal ausgenommen. Quellen dazu finden sich in meinem FAQ:
FAQ - Atemwegsinfektionen, Erkältungen, Katzenschnupfen & Co.
Auch eine bakterielle Atemwegsintektion, ohnehin die häufigere Variante, kann man mit Cortison ganz ordentlich verschlimmern.
Was Convenia bzw. Antibiose generell angeht, spielt weniger die Angabe hinsichtlich der Indikationen eine Rolle als vielmehr die Erreger selbst. Convenia z.B. wird oft empfohlen bei Hautkrankheiten, das liegt aber daran, dass bei diesen häufig Kokken am Werk sind und Convenia als Cephalosporin 3. Generation ergo Beta-Laktam-AB hier eben ganz gut wirkt.
Was Katzenschnupfen angeht gibt es vier Primärerreger - Mykoplasmen, Chlamydien, Bordetellen und Pasteurellen. Convenia wirkt - im Idealfall - von vornherein nur gegen EINEN davon, nämlich gegen Pasteurellen. Es ist also vollkommen ungeeignet als blinde Antibiose bei felinen Atemwegserkrankungen. Ganz abgesehen davon, dass es als einziges wirkliches Langzeit-AB fast 60 Tage im Organismus bleibt und die seltene, aber mögliche Gefahr einer Unverträglichkeit birgt, die schon bei einigen Katzen zum Tod geführt hat oder vielmehr: zu einem elenden Verenden. Einmal im Körper "drin", lässt sich daran nichts mehr ändern bei Unverträglichkeit. Das heißt: man sollte bei händelbaren Katzen derlei Nonsens bitte tunlichst vermeiden, zumal gerade Convenia kein soo spezielles Antibiotikum ist hinsichtlich seines Wirkspektrums, als dass nicht Alternativen zur Verfügung ständen mit einem ähnlichen/gleichen Wirkspektrum.
Zwecks der Medis: Doxy ist für Kitten unter sechs Monaten nichts. Enrofloxacin sollte man aufgrund der möglichen Nebenwirkung der Netzhautablösung ohnehin tunlichst meiden, zumal es zwei Nachfolger mit besserer Resistenzlage und breiterem Wirkspektrum gibt (Marbofloxacin und Pradofloxacin). Marbo sollte nicht unter 12 Monaten (!) gegeben werden. Pradofloxacin darf laut Packungsbeilage unter Vorbehalt bereits ab sechs Wochen gegeben werden, es liegen aber keine genauen Daten vor. Azithromycin ist hier bei einer solch jungen Katze sicherlich die beste Wahl - hier finde ich absolut nichts hinsichtlich einer Alterseinschränkung.
Amoxicillin und Clavulansäure wirkt nicht gegen Mykoplasmen und hat keine sehr gute Resistenzlage mehr bei Pasteurellen, bei Bordetellen ist oft eine hohe Dosierung notwendig (siehe Vetpharm) - es wäre also nicht unbedingt meine 1. Wahl, obgleich es viele Tierärzte, auch die Münchner, gerne geben, weil es im Gegensatz zu dem hier ohnehin nicht in Frage kommenden Doxy bakterizid und nicht "nur" bakteriostatisch wirkt.