Vollkater trotz Kastration - Aggressionsproblem gelöst - Ein Bericht

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Warnhinweis bei medizinischen Ratschlägen

Achtung: Bei medizinischen Problemen sollte stets die Meinung eines niedergelassenen Tierarztes oder einer Tierklinik eingeholt werden.
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kitty-kater

Gast
Im Folgenden möchte ich über die Kastration meines Katers Teddy (jetzt 6,5 Jahre alt) berichten, der trotz Kastration ein ausgeprägtes Katerverhalten und phasenweise starke Aggressionen gezeigt hat, insbesondere auch mir gegenüber. Teddy ist ein reiner Stubentiger und hat leider keine Möglichkeit des Freigangs, aber es gibt einen Balkon. Er lebt zusammen mit einem zweiten Kater (jetzt 4,5 Jahre alt), der bei ihm aufgewachsen ist.Vielleicht ist dieser Bericht für den einen oder anderen hilfreich! Ich selbst hatte viel gegoogelt und gelesen, um das Aggressionsproblem mit meinem Teddy-Kater zu lösen. Heute (nach 26 Wochen) kann ich wohl bestimmt sagen, dass das Problem gelöst worden ist und mein Teddy endlich ein lieber Kater geworden ist.

Teddy wurde relativ spät kastriert, mit 22 Monaten. Zu der Zeit hatte er bereits Katerverhalten und hat markiert. Bei der Kastration stellte sich heraus, dass er einen nicht abgestiegenen Hoden hat. Im Hodensack war nur ein Hoden, was man aber bereits erahnen konnte. Der Tierarzt (eine größere Praxis) hat die Kastration trotzdem gleich vorgenommen. Dafür wurde eine OP durchgeführt. Als Ergebnis wurde hinterher mitgeteilt, dass auch der zweite Hoden gefunden und entfernt worden sei. Die betreffende Tierarztrechnung hat sich im nachhinein noch angefunden, ich habe es also schwarz auf weiss.

Ich habe Teddy dann mit 3,5 Jahren von meiner Ex-Freundin übernommen, der bis dahin bei ihr auch als reiner Stubentiger gelebt hat. Ca. 1,5 Jahre hatte ich keinen richtigen Kontakt zum ihm. Von Anfang an fiel mir sein ausgeprägtes Katerverhalten auf. Sein Urin hat sehr stark nach Kater gerochen und er hat immer mal wieder in die Wohnung markiert. Ich war sehr damit beschäftigt ihn vom markieren abzuhalten. Darüber hinaus bestiegt er regelmäßig meinen Unterarm. Er war oft unruhig und zog immer wieder seinen Runden durch die Wohnung. Dazu kam noch ab und zu das Katergeheule. Sein Katerverhalten war mal stärker, mal schwächer, aber trotzdem immer sehr ausgeprägt.

Das alles wäre ja vielleicht noch zu ertragen gewesen, wenn da nicht die Aggressivität mir gegenüber gewesen wäre. In den 2,5 Jahren hat er mich mindestens 5 mal angriffen und dann auch nicht mehr von mir gelassen. Wie im Wahn ist er auf mich losgegangen. Es ist vergleichbar als wenn ein unkastrierter Kater auf einen unkastrierten Rivalen losgeht. Der Auslöser dieser Angriffe war nicht konkret auszumachen. Es waren immer etwas andere Situationen. Im Nachhinein gehe ich aber davon aus, dass es Angst war oder er sich bedroht gefühlt hat. Teddy ist eigentlich ein sehr ängstlicher Kater.

Immer wieder hat sich für mich die Frage gestellt, warum Teddy so ein Katerverhalten hat und warum er so gefährlich, aggressiv wird. Er wurde ja kastriert und somit konnte es ja nicht am Testosteron liegen. Ich las dann auch einiges darüber, dass Kater trotz Kastration solch ein Katerverhalten haben würden und auch der Urin nach Kater riechen würde. Nach einem erneuten Angriff von Teddy bin ich mit ihm deswegen zum Tierarzt, um ein Blutbild machen zu lassen. Dabei wollte ich auch den Testosteronwert untersuchen lassen, um auch das komplett ausschließen zu können. Eine weitere Erschwernis war dabei, dass Teddy es hasst in eine Transportbox zu gehen und zum Tierarzt zu müssen. Aber das ist noch einen andere Geschichte, die viel Zeit und Kraft gekostet hat.

Der neue Tierarzt, den ich mir sorgfältig ausgesucht hatte, war spezialisiert auf innere Medizin und Ultraschall-Untersuchung. Das Team besteht aus drei Tierärzten und ich kam zu dem jungen Kollegen. Dieser riet mir von einer Testosteron-Untersuchung ab, da diese zusätzlich 50 EUR kosten würde und der Kater ja kastriert worden ist. Es wäre dann auszuschließen, dass noch Testosteron produziert werden würde. Er meinte es nur gut mit mir, aber ich war hartnäckig und habe auf die Testosteron-Untersuchung bestanden. Das allgemeine Blutbild war dann in Ordnung, keine Befunde.

Der Testosteron-Wert kam eine Woche später und war zur Überraschung aller mit einem Wert von 3,72 ng/ml (als Maximum-Wert im Normalbereich wurde vom Labor 4,0 angegeben) sehr hoch. Der Tierarzt hielt nochmals Rücksprache mit dem Labor und dieses bestätigte, dass dieses ein sehr hoher Wert sei ("am oberen Anschlag") und es sich auf gar keinen Fall um einen kastrierten Kater handeln kann. Der Wert bei kastrierten Katern läge unter 0,1 ng/ml nach Aussage des Labors. Zur Ergänzung, es wurde ein "einfacher" Testosterontest (Gesamttestosteron) durchgeführt und kein Stimulationstest. Wie ich dann im Internet nachlesen konnte, sind die Testosteronwerte bei innenliegenden Hoden - wegen der höheren Wärme im Inneren als im Hodensack - in der Regel höher und die Spermien dagegen unfruchtbar.

Nun war klar, da muss es doch noch einen innenliegenden Hoden geben und dieser sollte durch eine Ultraschall-Untersuchung lokalisiert werden. Im Internet hatte ich bereits ein paar Berichte gelesen, dass dieses nicht immer so einfach und erfolgreich gewesen sein soll und deshalb musste ich mit gemischten Gefühlen bis zur Untersuchung warten. Diese wurde vom Senior-Tierarzt durchgeführt. Übrigens verhielt sich Teddy beim Tierarzt immer extrem lieb, ganz anders als man es erwarten würde. Nach einer Minute der Untersuchung sagte der Tierarzt, dass dort hinter der Blase wohl ein Hoden sei. Als Laie erkennt man auf dem Ultraschall einfach nichts. Er suchte dann noch ein paar Minuten alles weiter ab, um sicher zu gehen. Abschließend sagte er, dass er sich zu 99% sicher sei, dass dort hinter der Blase ein Hoden sei. Zu 100% wüsste man es erst, wenn man die Bauchhöhle aufmachen würde. Auf Nachfrage war seine Vermutung, dass der damalige Tierarzt nicht den innenliegenden Hoden entfernt hat, sondern einen Lymphknoten.

Die OP zur Entfernung des innenliegenden Hodens wurde ca. eine Woche später durchgeführt. Diese verlief problemlos und war erfolgreich. Der entfernte Hoden wurde mir anschließend gezeigt. Nun musste mein armer Teddy-Kater noch ein paar Tage "leiden" bis er wieder richtig fit war von der OP. Ich selbst war sehr gespannt und auch angespannt wie sich die nächsten Wochen entwickeln würden. Der Tierarzt sagte, dass das Testosteron nach ca. 6 Wochen im Körper abgebaut sein müsste. Die erste Veränderung war bereits nach ein paar Tagen zu erkennen, denn der Urin von Teddy roch kaum noch nach Kater. Heute hat der Urin überhaupt kein Katergeruch mehr.

Mit der Zeit legte Teddy dann sein Katerverhalten komplett ab. Er markiert nicht mehr, er macht keine typischen Runden mehr durch die Wohnung als Revierverhalten, er jault nicht mehr und er besteigt meinen Arm nicht mehr. Das ganze hat sich nach ca. 12 Wochen komplett gelegt gehabt. Dafür ist Teddy nun viel ausgeglichener geworden und er hat wieder angefangen von alleine zu spielen. Das kannte ich bisher nur noch aus seiner Kitten- und Jugend-Zeit. "Leider" isst er jetzt auch noch viel lieber als vorher und man muss mit der Fressenration mehr aufpassen.

Und das Wichtigste zum Schluß. Das Aggressionsproblem hat sich glücklicherweise dadurch gelöst und mir ist damit ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Teddy zeigt nun kein aggressives Verhalten mehr gegenüber dem anderen Kater und er hat auch keine Aggressionsanfälle mehr mir gegenüber. Es gab in den letzten 26 Wochen mehrere Situationen wo Teddy sonst sicher einmal wieder durchgedreht wäre. Man konnte das immer an seinem Ausdruck und der Körperhaltung erkennen bevor er angegriffen hat. Aber ohne Testosteron passiert das jetzt nicht mehr. Er ist wirklich ganz lieb geworden und sein Katzenleben ist dadurch nur bereichert worden. Ich freue mich auf unsere weitere gemeinsame Zeit.

Es ist schlimm was so ein Tierarztfehler für Folgen hat! Nicht immer führt so was sicher noch zum Happy End. Für Teddy und mich gilt nun aber: Ende gut, alles gut.
 
A

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Danke für den ausführlichen Bericht und herzlich willkommen im Forum! :)

Dass es unvollständige Kastrationen bei Kater und Kätzin immer wieder gibt, ist durchaus bekannt und leider auch weniger selten, als man so denkt.

Aber ich finde es gut, dass du da hartnäckig geblieben bist und weiter gemacht hast, auch als dir von dem Hormontest abgeraten wurde. Und ein Lob an den TA; diese OP ist gar nicht so leicht, wie sie sich anhört ("hinter der Blase", von wegen "das sieht man dann"); erstmal muss der Hoden ja entlang der Abstiegsbahn gefunden werden!

Dass Kater nach der Kastration extrem zunehmen, hingegen, ist genauso ein Märchen wie die Mär, dass eine Kätzin mindestens einmal gerollt (oder gar: Junge bekommen :eek:) haben muss, bevor sie kastriert werden kann.

Kater wie Kätzin haben einen etwas geringeren Grundumsatz nach der Kastra, das ist korrekt, aber aus einem zuvor normalgewichtigen Kater wird dann nicht von jetzt auf gleich ein Fettwanst.
Das Fressverhalten sollte man im Auge behalten, das ist richtig, aber das sollte man ohnehin, da man am Fressverhalten der Katze teilweise auch ablesen kann, wenn eine Krankheit im Anflug oder bereits vorhanden ist.
Es ist schön, dass Teddy wieder so munter spielen mag; das Hormonelle ist auch ein absoluter Spaßkiller und ein elend kraftzehrendes Geschäft.
Wenn du Teddy richtig auspowerst, wird es auch keine großen Probleme mit Gewichtszunahme geben, und ein bisschen Speck auf den Rippen kann jeder Kater gebrauchen - für den Fall, dass das Tierchen doch einmal krank wird.
Ich rede nicht von Übergewicht, sondern vom Normalgewicht. Also nicht extrem schlank, sondern der normale Standard für einen Sechsjährigen. :)

Weiter alles Gute für Teddy und euch! :)
 
Auch von mir ein herzliches Willkommen und ein großes DANKESCHÖN für diesen Bericht. Nicht immer geht alles glatt und ihr habt ja eine gewaltig zerklüftete Küste überwunden, meinen Respekt für deine Ausdauer.

Liebe Grüße
 
Vielen Dank für diesen Bericht,
Bei unserem Kater war es jetzt ähnlich...er wurde im August "kastriert". Ein Teil konnte komplett entfernt werden...der andere war wohl noch im Bauchraum, dadurch hatte er zusätzlich einen Bauchschnitt. Eigentlich unmittelbar nach der Kastration fing es an...gab Urin ab...es hieß Blasenentzündung. Trotz Antibiotika gabe wurde es danach nicht besser. Erneut Urin abgegeben...könnten Kristalle drin sein oder verunreinigt...zuletzt wurde eine Punktion durchgeführt und eine "Kultur" angelegt.
Die Pinkelei hörte nicht auf.
Ich war so sehr verzweifelt. Dann sollte Solensia verabreicht werden. Durch meine Erläuterung seines Verhaltens und seinen Geruch hieß es wir machen einen Testosteron Test! Heute bekam ich das Ergebnis...da scheint wohl doch nicht alles entfernt worden zu sein. Die Ärztin sagte mir, sie müssen auf die Suche gehen, denn auf dem Ultraschall würde man es nicht gut erkennen...naja in 3 Wochen steht die "Nachkastration" an. Diesmal bestehe ich darauf, dass die "Entnahme" eingeschickt wird um sicher zu gehen, dass dieses Mal nichts zurück bleibt.

Vielen, vielen Dank für den Bericht.

LG Maria
 
Hallo @Floki_2023
Weiterhelfen kann ich dir leider nicht.
Allerdings würde ich dir empfehlen das du einen eigenen Thread für deinen Floki (?) aufmachst.
 

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