FIV und FeLV – wie testen? Was sagen die Testergebnisse aus?

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FIV

Bei FIV ist die Sache relativ übersichtlich. Es gibt mehrere Testmethoden, für den Ersttest am sinnvollsten und gebräuchlichsten ist der ELISA. Als Schnelltests sind auch Immunochromatographie-Tests (die vom Prinzip her dem ELISA ähnlich sind) erhältlich.

Ersttest / ELISA:

Der ELISA weist bei FIV Antikörper nach, ist also ein indirekter Erregernachweis.

Diagnostische Lücke:

Wird eine Katze infiziert, dauert es eine Weile, bis der Körper genug Antikörper produziert hat, dass ein Test anschlägt. Bei FIV geht man davon aus, dass nach vier Wochen bei 95% der Katzen Antikörper vorhanden sind (bei den restlichen 5% kann es bis zu einem Jahr dauern oder es werden sogar gar keine Antikörper gebildet – dadurch, dass FIV aber grundsätzlich nicht so häufig ist, geht die Wahrscheinlichkeit, eine solche Katze zuhause zu haben, gegen null).

Bestand in den letzten Wochen also eine Infektionsmöglichkeit (Freigang, Zusammenleben mit ungetesteten Tieren…), ist das Testergebnis nicht zuverlässig.
Idealerweise sollte eine Katze, bei der man nicht weiß, wann die letzte Infektionsmöglichkeit war, also vier Wochen separiert und erst dann getestet werden.

Kitten:

Bei Kitten sind positive Tests bis zum Alter von etwa sechs Monaten nicht zuverlässig.
Haben Jungtiere eine FIV-infizierte Mutter, kann diese Antikörper an die Jungen weitergeben, ohne dass sich die Kitten sich selber angesteckt haben (eine tatsächliche Ansteckung durch die Mutter ist selten). Dadurch ist der Test positiv, bis die maternalen Antikörper zurückgegangen sind.
Positiv getestete Kitten sollten also mit ca. einem halben Jahr erneut getestet werden, ein früherer Nachtest bringt nichts.
Für negative Tests gilt das gleiche wie bei Katzen über sechs Monaten.

Katzen über 6 Monate:

Positives Ergebnis: Die Spezifität (= Wahrscheinlichkeit, dass eine gesunde Katze auch als gesund erkannt wird) des ELISAs liegt etwas unter 100%. Vor allem bei niedriger Prävalenz (= Quote infizierter Tiere) können daher falsch positive Resultate vorkommen.
Positive Resultate sollten also immer nachgetestet werden, wenn möglich mit einer anderen Testmethode (dazu siehe unten).

Negatives Ergebnis:
Negative Ergebnisse sind als sicher anzusehen, vor allem, wenn die getestete Katze nicht zu einer Risikogruppe (unkastrierter Freigängerkater…) zählt. Der negative prädikative Wert, also die Wahrscheinlichkeit, dass eine negativ getestete Katze auch tatsächlich negativ ist, liegt i.d.R. bei über 99%.

Schnelltests (auch die auf Immunochromatographie beruhenden) sind hier bei korrekter Durchführung ebenso zuverlässig wie Labortests (siehe https://edoc.ub.uni-muenchen.de/957/1/Griessmayr_Pascale.pdf, S.94, Tab. 34 – die negativen prädikativen Werte liegen bei allen verglichenen und in Deutschland erhältlichen Systemen über 99%, Labortests sind PetChek und Virachek, der Rest sind Schnelltests, Mapic in Deutschland m.W. nicht mehr erhältlich).

Einschränkungen: Diagnostische Lücke (s.o.) und Endstadium der Erkrankung (hier kann es vorkommen, dass alle Antikörper gebunden sind).
Zeigt die Katze Symptome, die FIV zuzuordnen und nicht anders erklärbar sind und gehört einer Risikogruppe an, sollte man u.U. einen zweiten ELISA hinterherschieben.

Bestätigungstests für positive Ergebnisse:

Als „Goldstandard“ gilt hier der Western Blot, weil er eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität hat, das Ergebnis also sehr sehr zuverlässig ist.
In Deutschland wird er von den normalen veterinärmedizinischen Laboren allerdings nicht angeboten, sondern nur von Universitätskliniken durchgeführt (sicher weiß ich es von Gießen – von der Website nicht verwirren lassen, Immunoblot und Western Blot sind das selbe – bei anderen Kliniken müsste man anfragen).

Kommerziell angeboten wird ein PCR-Nachweis – dieser gilt allerdings nur im positiven Fall als sicher, ein negatives Ergebnis hat nur wenig Aussagekraft.

Ist ein Western Blot nicht machbar, sollte daher u.U. eher ein zweiter ELISA gemacht werden, möglichst als Labortest. Fällt dieser ebenfalls positiv aus, ist eine Infektion sehr wahrscheinlich.
Der Idexx-Labortest (PetChek) liefert in Kombination mit anderen ELISA- oder Immunochromatographie-Testsystemen in der oben schon genannten Dissertation https://edoc.ub.uni-muenchen.de/957/1/Griessmayr_Pascale.pdf (Tab. 38, S. 100) beispielsweise ebenfalls einen positiven prädikativen Wert (= Wahrscheinlichkeit, dass eine positiv getestete Katze auch sicher positiv ist) von 100 %.
 
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FeLV

Bei FeLV ist die Sache etwas komplizierter, da es verschiedene Verlaufsformen der Erkrankung gibt, die sich nicht alle mit allen Tests feststellen lassen. Durch den Einsatz neuer PCR-Methoden wurden einige der früheren Annahmen verworfen und die Verlaufsformen neu eingeteilt.
Vieles, was noch im Internet (oder auch in älteren Büchern) zu finden ist – auch in hier zu FIV verwendeten Quellen - , ist noch auf dem alten Stand.

FeLV wird durch direkten Erregernachweis nachgewiesen (Antikörpertests sind nicht kommerziell erhältlich). Die gebräuchlichsten Tests sind ELISA und DNA-PCR, der ELISA weist hier ein Antigen nach, die DNA-PCR Provirus.
Die Tests werden durch die FeLV-Impfung also nicht beeinträchtigt. Sie sind bei Kitten (unter Beachtung der diagnostischen Lücke) ebenso aussagekräftig wie bei erwachsenen Katzen.

Diagnostische Lücke:

Auch hier gibt es eine diagnostische Lücke: Der ELISA schlägt erst ca. 3-4 Wochen nach der Infektion an, die Provirus-PCR etwas schneller, nach ca. 1-2 Wochen.

Bestand in den letzten Wochen eine Infektionsmöglichkeit, sind die Tests also nicht zuverlässig. Da FeLV sehr ansteckend ist und die erhältliche Impfung bei engem Zusammenleben nicht zuverlässig schützt, ist es hier noch wichtiger als bei FIV, ungetestete Katzen bis zu einem zuverlässigen Testergebnis von anderen (negativen) Tieren getrennt zu halten.
 
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Verlaufsformen:

Abortive Infektion:

Die infizierten Katzen stoppen das Virus noch bevor es die Blutbahn erreicht, werden also nicht virämisch. Hier ist das Virus durch keinen handelsüblichen Test nachweisbar, man kann lediglich hohe Antikörperspiegel feststellen. Die Tiere sind nicht ansteckend für andere Katzen, entwickeln auch keine Krankheitsymptome, die auf FeLV zurückzuführen wären und haben eine ganz normale Lebenserwartung, sind also von gesunden Katzen quasi nicht zu unterscheiden.

Es ist unklar, wie oft diese Verlaufsform in der Natur tatsächlich auftritt – wahrscheinlich ist sie eher selten.

Progressive Infektion:

Hier kommt es zu einer persistierenden Virämie, das Virus bleibt also dauerhaft im Blut. Die Tiere sind ansteckend für andere Katzen, entwickeln FeLV-bedingte Symptome und haben eine deutlich reduzierte Lebenserwartung.

Hier schlagen sowohl ELISA als auch Provirus-PCR (hoher Virusload) an.

Regressive Infektion:

Hier gibt es zwei Varianten – in Variante 1 sind die Katzen vorübergehend virämisch, haben also zeitweise Viren im Blut. In Variante 2 werden die Katzen gar nicht virämisch.

Hier schlägt die Provirus-PCR an (niedrigerer Virusload), der ELISA nicht, bzw. nur vorübergehend während der transienten Virämie.
In dieser Studie (http://www.microbiologyresearch.org...est&checksum=F4CD362E92DB87111F167314CCF9A8FE) betraf dies 10% der getesteten Tiere, während nur 6% in ELISA und PCR positiv waren (also progressiv infiziert).

Die frühere „latente Infektion“ wird meist auch dieser Gruppe zugeordnet (regressive Infektion mit vorübergehender Virämie) – hier befindet sich zusätzlich zum Provirus noch Virus im Knochenmark, das aber normalerweise innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Infektion wieder verschwindet.
Das Provirus hingegen bleibt nach heutigem Kenntnisstand dauerhaft im Körper.

Die Tiere sind, solange sie regressiv infiziert sind, nicht ansteckend für andere Katzen, entwickeln i.d.R. keine FeLV-bedingten Symptome und haben eine ganz normale Lebenserwartung.
In seltenen Fällen kann es aber (lebenslang!) dazu kommen, dass aus dem Provirus wieder funktionsfähige Viren entstehen, es also zu einer Reaktivierung kommt. Die Katzen fallen dann in die Gruppe der progressiven Infektion mit allen Folgen, sind also dann ansteckend für andere Tiere, haben eine verkürzte Lebenserwartung und werden im ELISA wieder positiv getestet.

Fokale Infektion / atypische Infektion:

Hier beschränkt sich das Virus auf eine bestimmte Körperregion, z.B. das Auge oder die Blase. Sowohl Provirus-PCR als auch ELISA schlagen hier manchmal an, manchmal nicht. Ein sicherer Nachweis ist nur möglich, wenn man das Virus direkt im betroffenen Gewebe nachweisen kann – dafür muss man das betroffene Gewebe aber erst einmal finden.

Die Virusausscheidung scheint ebenfalls variabel zu sein bzw. auch davon abzuhängen, welche Körperregion nun genau infiziert ist, ob die Katzen ansteckend für andere Katzen sind oder nicht, kann man also nicht sicher sagen – Mutterkatzen, bei denen die Milchdrüsen infiziert sind, können darüber beispielsweise ihre Kitten anstecken.
Diese Variante ist glücklicherweise sehr sehr selten.


Tabellarische Gesamtübersicht: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3509668/table/viruses-04-02684-t001/
 
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Grundsätzliche Testsicherheit (davon ausgegangen, dass die jeweilige Verlaufsform prinzipiell durch den jeweiligen Test nachgewiesen werden kann):

ELISA:

Negative prädikative Wahrscheinlichkeit: Sehr hoch. Ist das Testergebnis negativ, kann also davon ausgegangen werden, dass die Katze auch nicht virämisch ist (= keine Viren im Blut hat) – Einschränkung hier auch wieder die diagnostische Lücke. Die Katze kann aber natürlich eine Verlaufsform haben, die vom ELISA nicht erfasst wird.
Auch hier gilt: Schnelltests sind von der Sicherheit her mit Labortests vergleichbar.

Positive Ergebnisse sollten unbedingt nachgetestet werden. Zum einen können falsch positive Ergebnisse vorkommen (und das nicht selten), zum anderen kann sich die Katze im oben schon erwähnten Stadium einer transienten Virämie befinden.
Um falsch positive Ergebnisse auszuschließen, empfiehlt sich als Nachtest die Provirus-PCR.
Ist diese ebenfalls positiv, ist es dennoch sinnvoll, nach mehreren Wochen (eine vorübergehende Virämie kann im Extremfall bis zu 16 Wochen dauern) noch einmal per ELISA zu testen, um festzustellen, ob die Katze eine progressive oder eine regressive Verlaufsform hat.
Ist diese negativ, würde ich persönlich zur Sicherheit nach einiger Zeit noch eine weitere PCR machen lassen.

Provirus-PCR:

Positive Ergebnisse sind hier sehr sicher.
Negative Ergebnisse sind nicht hundertprozentig sicher, sondern können auch darin begründet sein, dass der Provirus-Load unter der Nachweisgrenze lag. Das kommt vor allem bei regressiv infizierten Katzen zeitweise vor, in der Regel ist der nächste Test dann aber wieder positiv.
Ein negativer Test kann selbstverständlich auch bei der abortiven und fokalen Verlaufsform auftreten.

Zusammenfassung:

Geht es einem darum, festzustellen, ob eine Katze virämisch ist oder nicht bzw. zu diesem Zeitpunkt ansteckend für andere Tiere ist oder nicht, reicht ein ELISA aus.

Möchte man auch die (wie geschrieben seltene) Möglichkeit einer Reaktivierung so gut wie möglich ausschließen, ist die Provirus-PCR von Anfang an (zusätzlich) zu empfehlen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es auch hier nicht. Das Risiko, ausgerechnet eine Katze zu erwischen, die regressiv infiziert ist, einen Provirus-Load unter der Nachweisgrenze hat und es danach auch noch zu einer Reaktivierung kommt, ist aber zumindest als sehr gering einzustufen -> größtmögliche Risikominimierung.
 
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Quellen:

Griessmayr, Pascale (2003): Vergleich verschiedener neuer Testsysteme für die feline Immunschwäche- und die feline Leukämievirusinfektion. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät.
https://edoc.ub.uni-muenchen.de/957/1/Griessmayr_Pascale.pdf

Hartmann, K. (2012): Clinical Aspects of Feline Retroviruses: A Review. Viruses, 4(11): 2684–2710.
Volltext: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3509668/

Hartmann, K. / Hein, Jutta (2008): Infektionskrankheiten der Katze. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft.

Helfer-Hungerbuehler A.K., Widmer S., Kessler Y., Riond B., Boretti F.S., Grest P., Lutz H., Hofmann-Lehmann R. (2015): Long-term follow up of feline leukemia virus infection and characterization of viral RNA loads using molecular methods in tissues of cats with different infection outcomes. Virus Res 197: 137–150.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168170214005395

Hofmann-Lehmann R., Huder J.B., Gruber S., Boretti F., Sigrist B., Lutz H. (2001): Feline leukemia provirus load during the course of experimental infection and in naturally infected cats. J Gen Virol 82: 1589–1596.
Volltext: http://www.microbiologyresearch.org...est&checksum=F4CD362E92DB87111F167314CCF9A8FE

Hofmann-Lehmann, R. et al. (2007): Vaccination against the feline leukaemia virus: Outcome and response categories and long-term follow-up. Vaccine 25, 5531-5539.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0264410X06013545

Hosie M.J., Addie D., Bélak S., Boucraut-Baralon C., Egberink H., Frymus T., et al. (2009): Feline immunodeficiency. ABCD guidelines on prevention and management. J Feline Med Surg 11: 575-584.
http://www.abcdcatsvets.org/feline-immunodeficiency/


Lutz H., Addie D., Bélak S., Boucraut-Baralon C., Egberink H., Frymus T., et al. (2009): Feline leukaemia. ABCD guidelines on prevention and management. J Feline Med Surg 11: 565-574.
http://www.abcdcatsvets.org/feline-leukaemia-def/
 
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